Klima-Zeitung

Oktober 2023

Alle zwei Monate ordnen wir alles Wichtige zu Politik und Wissenschaft ein. Für Menschen, die in der Diskussion um die Klimakrise auf dem Laufenden bleiben möchten.

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Schweiz

Auch Bürgerliche waren für Klimaschutzgesetz

Mitte Juni war das Klimaschutzgesetz, der indirekte Gegenvorschlag zur Gletscherinitiative, von 59% der Stimmbevölkerung angenommen worden. Nun zeigt die Vox-Analyse des Forschungsinstituts GFS Bern, dass dem Gesetz auch die Mehrheit der Wähler:innen zugestimmt hat, die der FDP (66%) und der Mitte (64%) nahestehen. Im Umfeld von Mitte und FDP war der akute Handlungsbedarf im Bereich Umwelt- und Klimaschutz ein häufiges Motiv, Ja zu stimmen. Die Stimmbeteiligung lag mit 42,5% deutlich tiefer als 2021 bei der Abstimmung über das CO2-Gesetz (59,7%), das abgelehnt worden war. Laut GFS Bern lag die Beteiligung vor allem bei Personen, die sich rechts bis rechtsaussen positionieren, deutlich tiefer. Mehr dazu auf srf.ch.

Die Umsetzung des Klimaschutzgesetzes könnte sich jedoch verzögern. Bundesrat Rösti wolle das Gesetz erst 2025 in Kraft setzen, kritisieren die Initiant:innen der Gletscherinitiative. Sind sind der Ansicht, die notwendige Verordnung könne bereits bis April 2024 verabschiedet werden. Darin soll unter anderem konkretisiert werden, wie die Förderbeiträge für den Ersatz fossiler Heizungen und die Entwicklung neuer Technologien ausbezahlt werden. Mehr dazu beim Blick.

Im Magazin des Tages-Anzeigers (paywall) schreibt Marcel Hänggi, Mitinitiant der Gletscherinitiative und im Kampagnenteam für das Klimaschutzgesetz, von seinem Treffen mit dem SVP-Nationalrat Michael Graber, der die Nein-Kampagne leitete. Und zeigt auf, wie weit ihre Sicht bei grundlegenden Fakten zum Klimawandel auseinanderliegen und wo er dennoch Gemeinsamkeiten erkennt.

Ständerat ist beim CO2-Gesetz mutlos

Der Ständerat begnügt sich beim CO2-Gesetz mit Anreizen, um die Treibhausgasemission gegenüber 1990 zu halbieren. Er verzichtet auf Verbote und höhere Abgaben, um das Ziel zu erreichen. Das hatte bereits der Bundesrat in der Botschaft zum Gesetz so vorgeschlagen. Nach dem knappen Nein zum CO2-Gesetz im Jahr 2021 setzte der Bundesrat auf möglichst schmerzfreien Klimaschutz mit Subventionen und Anreizen.

Nun hat der Ständerat gegenüber dem Vorschlag des Bundesrats weitere Abstriche gemacht (hier die Massnahmen im Detail). So soll ein Drittel der CO2-Reduktion mit Klimaschutzzertifikaten im Ausland erreicht werden. Der Bundesrat hatte eine Obergrenze von 25% vorgeschlagen. Diverse Studien zeigen, dass diese Projekte meist keine oder nur geringe Wirkung haben. Der Tages-Anzeiger (paywall) rechnet vor, dass der Anteil, der im Ausland kompensiert werden soll, sogar bei ca. 60% liegt, wenn nur die Jahre 2025 bis 2030, also die Geltungsdauer des neuen CO2-Gesetztes, berücksichtigt wird.

Der Ständerat will auch bei anderen Punkten weniger Klimaschutz. So sollen 2030 neu zugelassene Autos noch 45% der Treibhausgasemissionen von 2021 ausstossen dürfen. Die vorberatende Kommission hatte eine Reduktion um 75% gefordert, der Bundesrat um 55%. Dem Gebäudeprogramm soll weniger Geld aus der CO2-Abgabe zur Verfügung gestellt werden. Zudem soll auf die Förderung von Ladestationen für Elektroautos in Mehrfamilienhäusern und in Firmen verzichtet werden. Mehr dazu auf srf.ch, Tages-Anzeiger, Wochenzeitung (paywall) und nau.ch.  Das online-Magazin Lamm erklärt in einer dreiteiligen Podcast-Serie das CO2-Gesetz.

Der Vorschlag des Ständerats stösst auf Kritik. Im Blick warnt ETH-Klimaforscher Reto Knutti, dass mit den vom Ständerat geheissenen Massnahmen die Klimaziele langfristig nicht erreichbar seien. Auch der Wirtschaftsverband swisscleantech kritisiert die vom Ständerat beschlossenen Massnahmen als ungenügend. Der Rat setze auf Auslandkompensationen, während die Bevölkerung im Juni das Klimaschutzgesetz angenommen habe. Der Verband fordert vom Nationalrat, der das Gesetz nun behandeln wird, ein Inlandziel und mehr Lenkung durch eine schrittweise Erhöhung der CO2-Abgabe auf Brennstoffen.

Während der Ständerat auf Verbote verzichten will, setzen die Kantone auf dieses Instrument: Gemäss Tages-Anzeiger wollen sie neue fossile Heizungen spätestens ab 2030 verbieten. Das schlägt die Konferenz Kantonaler Energiedirektoren (EnDK) vor. Die Massnahme ist Teil einer Gesamtrevision der energierechtlichen Mustervorschriften für die Kantone.

Wachsende Kritik an CO2-Kompensationen

Während der Ständerat beim CO2-Gesetz verstärkt auf Auslandkompensationen setzt, wächst die Kritik an diesem Instrument. Forschende der ETH werfen der Schweiz vor, sie würde bekanntes Entwicklungsversagen fördern, um ihre Klimaziele zu erreichen. Die Forscher untersuchten ein Programm der Schweiz in Malawi in Südostafrika, das Biogasanlagen für Milchbauern baut. Diese sollen Kuhmist in Biogas verwandeln, das zum Kochen oder zur Erzeugung von Strom verwendet werden kann. Die dadurch eingesparten Emissionen kann sich die Schweiz gutschreiben lassen. Ähnliche Abkommen wie jenes mit Malawi hat die Schweiz mit über zehn weiteren Staaten abgeschlossen, darunter Peru, Ghana, Senegal und Vanatu (hier die vollständige Liste). Nun warnen die Forschenden davor, dass solche Biogasanlagen, die seit Jahren von vielen Organisationen gefördert werden, meist nach kurzer Zeit defekt seien. Es fehle an Wasser, Ressourcen oder am Know-how, um sie zu betreiben und zu unterhalten. Mehr dazu in der NZZ (paywall).

2023 wird wohl nicht zu einer Klimawahl

Vor vier Jahren gewannen die Grünen und Grünliberalen in den nationalen Wahlen zusammen 26 Sitze in National- und Ständerat hinzu. Dies wird sich am 22. Oktober, wenn die eidgenössischen Wahlen stattfinden, nicht wiederholen. Gemäss dem am 11. Oktober veröffentlichten SRG-Wahlbarometer gewinnen die SVP (2,5 Prozentpunkte) und die SP (1,5) dazu. Stimmen verlieren werden die Grünen (-3,5) sowie Grünliberale und FDP (je 1 Prozentpunkt). Als wichtigste drei politische Herausforderung gaben die 32'000 Befragten die Krankenkassenprämien (51%), den Klimawandel (36%) und die Zuwanderung (35%) an. Ein ähnliches Bild zeigte die Wahlumfrage von Tamedia von Mitte September. Laut der Analyse der NZZ (paywall) wird es bei der Sitzverteilung in National- und Ständerat dennoch nur zu einer vergleichsweise leichten Verschiebung nach rechts kommen.

2019 nahmen kurz vor den Wahlen rund 100'000 an der Klimademonstration in Bern teil. Dieses Jahr waren es Ende September rund 60'000 Personen, die mehr Klimaschutz verlangten. Die Klima-Allianz, welche die Demo organisierte, verlangte mit Blick auf die Wahlen «ein Parlament, das die Klimakrise ernst nimmt.» Mehr dazu auf srf.ch.

Die Schweizerische Energiestiftung hat die energiepolitischen Positionen der sechs grössten Parteien analysiert. Ausser bei der SVP sei die Energiewende bei allen Parteien angekommen. Die SES stellt fest, dass aber einige Themen in den Wahlprogrammen und Positionspapieren der Parteien fehlten. So äussern sich die Parteien weder zu einem Rückbau des fossilen Gasnetzes noch zu einem verbindlichen Abschaltfahrplan für Atomkraftwerke. Als einzige Partei setzen die Grünen auf Suffizienz, um die Klimaziele zu erreichen.

Mantelerlass: Mehr erneuerbare Energie und Druck auf die Umwelt

National- und Ständerat haben sich in der Herbstsession auf den Mantelerlass (Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien) geeinigt. Damit werden verbindliche Ausbauziele für erneuerbare Energie festgeschrieben. Neue erneuerbare Energien, vor allem Sonne und Wind, sollen bis 2035 jährlich 35 Terawattstunden (TWh) liefern, bis 2050 45 TWh. Derzeit beträgt der jährliche Strombedarf der Schweiz 60 TWh. Im Gegenzug wird der Druck auf die Natur steigen. In Gebieten, die sich für die Nutzung von Solar- und Windenergie eignen, sollen Energieanlagen Vorrang gegenüber Umweltschutz und anderen nationalen Interessen haben. In Biotopen von nationaler Bedeutung bleibt der Bau von Energieanlagen zwar ausgeschlossen. Doch es gibt Ausnahmen. So sind Kraftwerke in Gletschervorfeldern und alpinen Schwemmebenen von Auengebieten zulässig.

Die Räte einigten sich auch bei den beiden Punkten, wo bis zuletzt Differenzen bestanden hatten: beim Restwasser und der Solarpflicht. Eine Solarpflicht für Neubauten wurde abgelehnt, einzig auf grossen Dächern und Fassaden müssen künftig Solarpanels angebracht werden. SP und Grüne hatten sich vergeblich für eine generelle Solarpflicht für Dächer und Fassaden bei Neubauten sowie bei grossen Umbauten eingesetzt. Wasserkraftwerke dürfen die Restwassermengen nur bei drohendem Strommangel reduzieren.

Für den Kompromiss haben Bürgerliche wie Linke Abstriche machen müssen. Die Stimmung fasste der Mitte-Nationalrat Nicolo Paganini treffend zusammen: «Am Schluss der Verhandlungen ist niemand unglücklich, aber es ist auch niemand restlos zufrieden.» Mehr dazu bei srf.ch, im Tages-Anzeiger, in der NZZ (paywall) und der Wochenzeitung.

Der Wirtschaftsverband swisscleantech begrüsst, dass das Parlament «die Weichen für eine sichere und erneuerbare Stromversorgung gestellt» habe. Auch die Schweizerische Energiestiftung (SES) unterstützt das Gesetz, bedauert aber die Rückschritte beim Naturschutz.

Für Diskussionen wird ein im Mantelerlass aufgeführtes Speicherwasserkraftwerk sorgen: das Projekt Gornerli bei Zermatt. Zusammen mit 14 weiteren Anlagen soll damit mehr Winterstrom zur Verfügung stehen. Die Stiftung Landschaftsschutz hat in der NZZ (paywall) bereits angekündigt, das Projekt, das in eines der letzten unberührten Gletschergebiete eingreifen würde, mit allen Mitteln zu bekämpfen.

Gegen den Mantelerlass will das Bündnis Natur & Landschaft Schweiz das Referendum ergreifen. Hans Weiss, früher Geschäftsführer der Stiftung Landschaftsschutz, und Philippe Roch, ehemaliger BAFU-Direktor, sind Gründungsmitglieder der neuen Organisation. Bis zum 18. Januar müssen sie 50'000 Unterschriften zusammenzubringen. Das Bündnis kritisiert, der Mantelerlass verstosse gegen die Verfassung. Das öffentliche Interesse am Schutz der Landschaft werde künftig tiefer gewichtet als der Bau von grossen Stromproduktionsanlagen. Sie stützen sich dabei auf Aussagen von Prof. Alain Griffel, Staatsrechtler an der Universität Zürich - ein Portrait über ihn in der NZZ am Sonntag (paywall). Die grossen Naturschutzorganisationen wollen das Referendum nicht unterstützen.

Solarstrom: Eine Initiative, neue Projekte, und eine Absage aus dem Wallis

Die Grünen wollen die Solarpflicht, von der das Parlament im Mantelerlass abgesehen hat, mit einer Volksinitiative einführen. Die im August lancierte «Solarinitiative» verlangt, dass ein Jahr nach deren Annahme bei Neubauten und Dachsanierungen PV-Module montiert werden. Nach 15 Jahren soll auch auf bestehenden Häusern in der Schweiz eine Solaranlage installiert sein. Ausgenommen sind Fälle, in denen die Installation mit dem Denkmalschutz unvereinbar oder aus anderen Gründen unverhältnismässig ist. Laut dem Tages-Anzeiger (paywall) unterstützt die SP den Vorstoss.

Der Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen hat zusammengetragen, dass bereits 36 alpine Solaranlagen geplant sind (Stand Ende August). Sie alle wollen von den Bundesgeldern des Solar-Expresses profitieren. Im Hoch-Ybrig, Kanton Schwyz, will die Axpo laut Tages-Anzeiger (paywall) einen Solarpark erstellen. Auf einer Fläche von 12 Fussballfeldern sollen jährlich 12 Gigawattstunden Strom produziert werden, was dem Verbrauch von 2600 Haushalten entspricht. Die Industriellen Betriebe Interlaken prüfen eine deutlich grössere Solaranlage auf dem Brienzersee: Um rund 100 Gigawattstunden Solarstrom zu erzeugen, müssten auf einer Fläche von 250 Fussballfeldern schwimmende PV-Module angebracht werden, schreibt die Berner Zeitung (paywall). In Meiringen-Hasliberg plant der Basler Energieversorger IWB laut der Berner Zeitung eine Anlage, die Strom für 4500 Haushalte liefern soll. Und in Savognin GR will das EWZ eine Anlage bauen, um 20'000 Haushalte mit Strom zu versorgen, weiss der Tages-Anzeiger (paywall).

Erste Projekte erhielten inzwischen die Zusage von Standortgemeinden. Eine knappe Mehrheit der Stimmbevölkerung von Scuol GR stimmte gemäss Tages-Anzeiger der geplanten alpinen Solaranlage «ScuolSolar» zu. Die 100 Millionen Franken teure Anlage soll Strom für 20'000 Haushalte liefern. In Poschiavo GR sprachen sich die Stimmberechtigten ebenfalls knapp von für eine Anlage am Berninapass aus. Hier sollen ebenfalls für 20'000 Haushalte Solarstrom erzeugt werden. Umweltverbände bekämpfen das Projekt, das zwischen einer Moorlandschaft von nationaler Bedeutung und einem nationalen Landschaftsschutzgebiet liegt. Inzwischen haben sich die beiden Stromunternehmen Repower und EWZ, die zuerst Interesse gezeigt hatten, zurückgezogen. Mehr dazu im Tages-Anzeiger (paywall) und in der NZZ (paywall).

Für Schlagzeilen und Diskussionen hat die Ablehnung der Walliser Stimmbevölkerung gesorgt, den Bewilligungsprozess für grosse alpine Solarkraftwerke zu beschleunigen. Gegen das vom Kantonsparlament verabschiedete Gesetz hatten die Grünen das Referendum ergriffen. Die Abstimmung war ein erster Test für den vom Parlament im Eiltempo beschlossenen «Solar-Express». Das Nein ist ein Hinweis darauf, dass sich viele vor dem Bau von Solarkraftwerken in unberührter Bergwelt fürchten, ohne dass dagegen Beschwerden eingereicht werden können.

Das Walliser Nein zum Solargesetz nahmen Befürworter der Kernenergie zum Anlass, um verlängerte Laufzeiten bestehender Anlagen sowie den Bau neuer Kraftwerke zu fordern. Mehr dazu im Tages-Anzeiger (paywall), in der NZZ (paywall) und der Wochenzeitung.

Apropos Kernenergie: Eine vom Wirtschaftsverband Economiesuisse in Auftrag gegebene ETH-Studie zur Schweizer Stromversorgung hat für Diskussionen gesorgt. Die Studie basiert auf der Annahme, dass die Sonnen- und die Windkraft bis 2025 rund 30% weniger Strom liefern werden als von der Politik veranschlagt. Für die NZZ (paywall) zeigt die Studie, dass die Stromversorgung umso günstiger, stabiler und sicherer werde, je länger die bestehenden vier Kernkraftwerke liefen. Auch zum Bau eines neuen Kernkraftwerks äussere sich die Studie in der Tendenz positiv. Im Tages-Anzeiger (paywall) widerspricht Christian Schaffner, Mitautor der Studie. In den untersuchten Szenarien sei der Ausbau der erneuerbaren Energien, insbesondere der Fotovoltaik, der zentrale Pfeiler. Der Bau eines neuen Kernkraftwerks sei die teuerste Variante und berge grosse Unsicherheiten hinsichtlich Baukosten und Zeitplan.

Kritik an fossilen Reservekraftwerken

Der Bundesrat will, dass neben Wasserkraftwerken auch neue Reservekraftwerke, Notstromgruppen und Wärme-Kraft-Koppelungsanlagen an der Stromreserve teilnehmen können. Das Stromversorgungsgesetz soll entsprechend angepasst werden; die Vernehmlassung dazu läuft bis zum 20. Oktober 2023. Die Schweizerische Energiestiftung (SES) und der WWF lehnen die vorgeschlagenen Anpassungen ab. Die beiden NGOs kritisieren, dass der Bundesrat auf den Ausbau fossiler Kraftwerke fokussiere und mit dem Gesetzesentwurf dem Betrieb dieser Kraftwerke Tür und Tor öffnen würde. Die Klimakrise erlaube es nicht, weiter in die fossile Energieinfrastruktur zu investieren. Zudem verfüge die Schweiz bereits heute ohne fossile Reservekraftwerke über eine enorme Reserveleistung. SES und WWF kritisieren zudem, dass der Bundesrat auf Auktionen zur Verbrauchsreduktion verzichten wolle. Der Verein energie-wende-ja lehnt die Revision ebenfalls ab und kritisiert, dass dadurch Investitionen für nicht benötigte Reservekapazitäten getätigt werden. Die Mittel liessen sich zweckmässiger für den dringend benötigten Ausbau der erneuerbaren Stromproduktion und Speichertechnologien und -kapazitäten einsetzen.

Milliarden für den Ausbau der Autobahnen

Das Autobahnnetz der Schweiz soll mit 5,3 Milliarden Franken weiter ausgebaut werden. Darauf einigte sich das Parlament in der Herbstsession. Die A1 zwischen Bern-Wankdorf und Schönbühl BE soll auf acht Spuren, zwischen Schönbühl und Kirchberg BE sowie zwischen Le Vengeron GE und Nyon VD auf sechs Spuren erweitert werden. Zudem werden Autobahntunnels in St. Gallen, Schaffhausen und Basel gebaut. Die Befürworter:innen argumentieren, dass sich damit Staus verhindern liessen. Eine Minderheit hatte vergeblich auf Erkenntnisse der Mobilitätsforschung hingewiesen, wonach Autofahren dank zusätzlichen Kapazitäten kurzfristig attraktiver werde. In der Folge nutzten aber mehr Menschen das Auto, wodurch es erneut zu Staus komme. Mehr dazu im Tages-Anzeiger (paywall) und in der NZZ (paywall).

Der Verkehrs-Club der Schweiz (VCS) und der Verein Umverkehr haben das Referendum gegen den Autobahnausbau ergriffen. Der Ausbau sei überholt und überteuert. Vielmehr sei nun nach der Zustimmung zum Klimaschutz-Gesetz ein Marschhalt im Strassenbau angezeigt. Die Frist, 50'000 Unterschriften für das Referendum zu sammeln, läuft bis zum 18. Januar 2024. Mehr dazu bei watson.ch.

Ein anderer Abschnitt der A1 wird ab Frühling 2024 auf sechs Spuren erweitert: jener zwischen Luterbach und Härkingen im Kanton Solothurn. 2015 hatte der Bundesrat die Eckwerte zum Ausbau festgelegt. Das Verkehrsdepartement erteilte im Dezember 2020 die Plangenehmigungsverfügung, was der Baubewilligung entspricht. Dagegen gingen Beschwerden beim Bundesverwaltungsgericht ein, die abgelehnt respektive nur zum Teil gutgeheissen wurden, wie das Bundesamt für Strassen (Astra) mitteilte.

Kostenwahrheit gilt für den Strassenverkehr nicht, das hat eine Debatte im Zürcher Kantonsrat erneut gezeigt. Vor elf Jahren hat ein GLP-Kantonsrat mit einer parlamentarischen Initiative verlangt, die Kostenwahrheit im Strassenverkehr umzusetzen. Der Vorstoss wurde nun deutlich abgelehnt, wie die NZZ (paywall) schreibt. Neue Berechnungen des kantonalen Amts für Mobilität zu den externen Kosten des Strassenverkehrs änderten daran nichts. Allein im Kanton Zürich entstehen durch Klima- und Umweltschäden, Gesundheitsschäden, Ernteausfällen in der Landwirtschaft sowie Schäden an Gebäuden gut 1,2 Milliarden CHF an ungedeckten Kosten. Würde dies auf die Verkehrsabgaben umgelegt, wie die Initiative forderte, würde sich die Motorfahrzeugsteuer von heute durchschnittlich 400 Franken pro Auto auf 2000 Franken im Jahr erhöhen.

Rekordtemperaturen und Gletscherschwund

Der Sommer 2023 war in der Schweiz der fünftwärmste seit Messbeginn 1864. Der Temperaturdurchschnitt lag von Juni bis August landesweit um 1,6 °C über der Norm von 1991–2020, wie MeteoSchweiz im Klimabulletin festhält. Gegenüber der vorindustriellen Periode von 1871–1900 wurden im Sommer 2,3 °C höhere Temperaturen gemessen. Auffällig ist die Häufung von warmen Sommern der letzten Jahre: 2015, 2017, 2018, 2019, 2022 und nun 2023.

Auch der Herbst begann viel zu warm: Der September war in der Schweiz der wärmste seit Messbeginn, schreibt MeteoSchweiz. Das landesweite Mittel lag bei 14,3 °C. Das sind ganze 3,8 °C mehr als die Norm 1991-2020. Klimafachleute sprechen von einem Quantensprung. Mehr dazu im Tages-Anzeiger und auf srf.ch. Dazu beigetragen hat anhaltend sonniges Hochdruckwetter in der ersten Septemberhälfte; mehr zu diesem sogenannten Omega-Hoch im Tages-Anzeiger (paywall).

Die rekordhohen Temperaturen haben auch dieses Jahr den Gletschern zugesetzt. 2023 haben sie 4% ihres Volumens eingebüsst, wie die neusten Zahlen der Schweizerischen Kommission für Kryosphärenbeobachtung zeigen. Das ist der zweitstärkste Rückgang seit Messbeginn. Im Vorjahr betrug der Verlust sogar 6%. In diesen beiden Extremjahren haben die Schweizer Gletscher damit 10% ihres Eises verloren. Das ist gleichviel wie zwischen 1960 und 1990. Die Gründe für die diesjährige Gletscherschmelze sind die gleichen wie im Vorjahr: Wenig Schnee im Winter und höhere Temperaturen im Sommer. Mehr dazu im Tages-Anzeiger (hier und hier), der NZZ (paywall) und im Spiegel.

Klimastreiks führten zu Verhaltensänderungen

Fast ein Drittel der Schweizer:innen änderten ihre täglichen Gewohnheiten als Folge der von Greta Thunberg initiierten Fridays for Future-Klimastreiks. Eine Studie der EPFL zeigt, dass rund 30% der Befragten ihre Transport-, Einkaufs- und Recyclinggewohnheiten im Zuge der Proteste geändert haben. Für die Studie wurden im Anschluss an die Proteste im Oktober und November 2019 rund 1200 Personen im Alter von 18 bis 74 Jahren befragt, die nicht an den Streiks teilgenommen haben. Die Forschenden wollten so feststellen, ob die Bewegung zu konkreten Verhaltensänderungen führte. Die Befragten gaben an, vermehrt nach Alternativen zum Autofahren gesucht zu haben, um zur Arbeit zu fahren, und häufiger vegetarisch assen. Laut den Studienautorinnen würden die Ergebnisse zeigen, dass den Menschen durch die Proteste bewusster geworden sei, wie sich ihr Verhalten auf die Umwelt auswirke und dass auf individueller Ebene erhebliche Veränderungen im Gange seien. Mehr dazu im Blick und bei Euronews.

Der Bund will nicht-tierische Ernährung fördern

Der Bund setzt sich für eine klimafreundlichere Ernährung ein. Mit der «Klimastrategie Landwirtschaft und Ernährung 2050» sollen Massnahmen zur Anpassung der Land- und Ernährungswirtschaft an den Klimawandel und zur Reduktion von Treibhausgasen unterstützt werden. Heute sind Lebensmittel für rund einen Viertel der Treibhausgase der Haushalte verantwortlich. Bis 2050 sollen die durch die Ernährung verursachten Klimagase pro Kopf gegenüber 2020 um zwei Drittel sinken. Die Treibhausgasemissionen der landwirtschaftlichen Produktion im Inland sollen gegenüber 1990 um mindestens 40% reduziert werden. Die Strategie verzichtet auf Verbote und setzt stattdessen auf Information und Sensibilisierung. So soll unter anderem erreicht werden, dass in der Schweiz weniger Fleisch konsumiert wird. Umweltschutzorganisationen kritisieren den Zeithorizont von 2050 und bezweifeln, dass die vorgeschlagenen Massnahmen ausreichen. Der Bauernverband befürchtet, der Bund werde versuchen, die tierische Produktion einzuschränken und den Konsum zu lenken. Mehr dazu im Tages-Anzeiger und in der NZZ (paywall).

Internationale Klimapolitik

Klimaschutz kommt voran, aber zu langsam

Acht Jahre nach dem Abschluss des Pariser Abkommens gibt es zwar Fortschritte im Klimaschutz, aber nicht annähernd genug. Der neue UNFCCC Global Stocktake synthesis report untersucht, wie gut die Länder ihre Klima-Versprechen eingehalten haben. Bei der Verabschiedung des Pariser Abkommens einigten sich die Länder darauf, ab 2023 alle fünf Jahre zusammenzukommen, um die Klimaschutzmassnahmen der Länder zu evaluieren und zu verhandeln, ob Bemühungen verstärkt werden sollten. Der neue Bericht ist Teil dieses Prozesses.

Im Vergleich zu den Prognosen, die vor der Verabschiedung des Pariser Abkommens gemacht wurden, hat das Abkommen zu neuen nationalen Klimazielen (NDCs) geführt, welche die künftige Erwärmung deutlich reduzieren. Die bestehenden Zusicherungen sind aber nicht genug, um die langfristigen Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen. Laut dem Bericht steuert die Welt bis zum Jahr 2100 mit den aktuellen Klimazusagen auf eine Erwärmung von etwa 2,5 Grad zu - vorausgesetzt die Länder halten sich an ihre aktuellen Pläne. Mehr dazu bei New York Times (paywall) und Climate Change News.

Laut dem Internationalen Währungsfonds (IWF) dürften die sozialen und wirtschaftlichen Kosten der Auswirkungen der Klimakrise einige Länder in eine hohe Staatsverschuldung stürzen. Der IWF hat dazu einen Bericht veröffentlicht. Darin werden Regierungen aufgefordert, Treibhausgasemissionen zu besteuern und der privaten Finanzierung eine «entscheidendere Rolle» zukommen zu lassen, um Mittel für die notwendige Emissionsreduzierung und die Deckung der wachsenden Kosten für Verluste und Schäden durch die Klimakrise zu beschaffen.

G-20 Gipfel mit gemischtem Resultat

Der G20-Gipfel begann nur einen Tag nach der Veröffentlichung des UNFCCC Global Stocktake synthesis report. Das Ergebnis des Treffens war gemischt. Positiv zu vermerken ist, dass sich die grössten Volkswirtschaften auf eine Verdreifachung der Kapazitäten für erneuerbare Energien bis 2030 geeinigt haben. Gleichzeitig wurde festgehalten, dass die Entwicklungsländer eine kostengünstige Finanzierung für die Energiewende brauchen. Wichtig war auch die Aufnahme der Afrikanischen Union - eines 55 Mitglieder zählenden Blocks - als ständiges Mitglied der G20. Dadurch wird eine stärkere Vertretung des globalen Südens auf dem internationalen Forum signalisiert.

Die Länder konnten sich jedoch nicht auf eine Formulierung zum Ausstieg aus fossilen Brennstoffen einigen. In der Erklärung von Delhi werden die Länder aufgefordert, «die Bemühungen um einen schrittweisen Ausstieg aus der ungebremsten Kohleverstromung» zu beschleunigen. Auf den exakt gleichen Satz hatten sich die Staats- und Regierungschefs bereits bei ihrem letzten Treffen in Bali vor zehn Monaten geeinigt.

Ein neuer Bericht von Oxfam vergleicht die Klimaziele der G20 Länder und kommt zum Schluss, dass die einkommensstarken G20-Länder und die EU Klimaziele haben, die deutlich unter einem fairen Anteil der global erforderlichen Emissionsreduktionen sind. Dies stellt die Behauptung der G7 infrage, wonach ihre Emissionspläne ausreichend seien und die Hauptverantwortung bei den Ländern mit mittlerem Einkommen lägen. Mehr in der New Delhi Leaders’ Declaration, bei Climate Change News und DownToEarth.org.

Der Papst spricht klare Worte

Papst Franziskus hat eine Aktualisierung seiner Umweltenzyklika von 2015 (Laudate deum) veröffentlicht. Darin warnt er vor den irreversiblen Schäden, die den Menschen und dem Planeten bereits zugefügt werden. Und beklagt, dass erneut die Armen und Schwächsten der Welt den höchsten Preis zahlen. «Wir müssen die Mentalität überwinden, die sich besorgt zeigt, aber nicht den Mut hat, wesentliche Veränderungen herbeizuführen. Wir sind nicht mehr in der Lage, den enormen Schaden, den wir verursacht haben, aufzuhalten. Wir haben kaum noch Zeit, um noch mehr tragische Schäden zu verhindern», warnte Franziskus. Mehr bei Associated Press.

Die fossile Industrie erhält jede Minute 13 Millionen Dollar an Subventionen

Der Internationale Währungsfonds (IWF) berichtet, dass fossile Energieträger 2022 weltweit mit staatlichen Subventionen von 7 Billionen US-Dollar unterstützt wurden. 20% davon sind direkte Subventionen wie Preissenkungen für Verbraucher:innen -- diese haben sich seit Russlands Einmarsch in die Ukraine verdoppelt. 80% der berechneten Summe sind sogenannte «implizite» Subventionen. Damit sind Kosten gemeint, die Verbraucher:innen nicht direkt bezahlen, wie Gesundheits- und Umweltschäden. Die Subventionen für die Öl-, Gas- und Kohleindustrie machen inzwischen 7% der weltweiten Wirtschaftsleistung aus und übertreffen damit bei weitem die 4%, welche die Welt für Bildung ausgibt. Mehr vom IMF und im Guardian.

Widersprüchliche Klimapolitik der USA

Im letzten Klimanewsletter berichteten wir über die Energie- und Klimapolitik Chinas. Auch die Klimapolitik der USA ist geprägt von Widersprüchen und Gegensätzen. Noch nie hat die USA so viel Erdöl gefördert wie diesen September. Im gleichen Monat hat Präsident Biden den Klimawandel nachdrücklich als «existenzielle Bedrohung» bezeichnet und die Schaffung eines Klimaschutzkorps angekündigt. Eine Prognose von Oil Change International zeigt, dass die USA für mehr als einen Drittel des gesamten geplanten Ausbaus fossiler Brennstoffe bis 2050 verantwortlich sein wird. Diese Widersprüche sind nicht neu. Als die USA 2015 das Pariser Abkommen mitverhandelte, hat sie im selben Monat das Verbot für den Export von Rohöl aufgehoben. Heute sind die USA weltweit die grösste Erdölproduzentin und die grösste Exporteurin von Flüssigerdgas. Doch durch die rasant wachsende Förderung von Schiefergas wird in den USA auch deutlich weniger Kohlestrom produziert. Dadurch sind die Emissionen des Landes seit 2005 um fast 20% gesunken.

Der Inflation Reduction Act ist die bei weitem grösste Investition, die das Land je in erneuerbare Energien getätigt hat. Doch selbst optimistische Prognosen über die Auswirkungen des Gesetzes lassen kaum erwarten, dass im nächsten Jahrzehnt weniger fossile Brennstoffe produziert werden. Das ist der Grund, warum sowohl die zunehmend frustrierten Klimaaktivist:innen als auch gemässigtere Politiker eine viel konfrontativere Linie gegenüber der fossilen Brennstoffindustrie einschlagen, wie beispielsweise die neuste Klimaklage aus Kalifornien (siehe nächster Beitrag). Mehr in der New York Times (paywall).

Kalifornien klagt gegen die «Lügen von Big Oil»

Der US-Bundesstaat Kalifornien verklagt Öl- und Gaskonzerne und will sie an den Kosten des Klimawandels beteiligen. Laut der Klageschrift führen die Konzerne seit 50 Jahren eine Desinformationskampagne, um die Wirkung fossiler Energien auf das Klima zu vertuschen. Kalifornien verklagt fünf Ölmultis (Exxon, Shell, BP, Conoco Phillips und Chevron), ausserdem den Branchenverband American Petroleum Institute. Ziel ist es, mit möglichen Strafzahlungen der Unternehmen einen Fonds einzurichten, der die Kosten von Umweltkatastrophen deckt, wenn diese nachweislich durch die Folgen des Klimawandels eintreten oder verstärkt werden, wie etwa Waldbrände oder Überschwemmungen. Noch nie hatten die Ölmultis einen mächtigeren Gegner: Kalifornien wird bald die viertgrösste Wirtschaftsmacht (nach den USA, China, Japan) sein. Ausserdem ist es der erste ölproduzierende Bundesstaat, der Klage gegen die Unternehmen einreicht. Mehr bei Klimareporter.

Jugendliche gewinnen Klimaklage in den USA

In den USA hat eine Gruppe von Jugendlichen aus Montana im Alter von 5 bis 22 Jahren eine Klima-Klage gewonnen. Das Urteil garantiert ein «grundlegendes verfassungsmässiges Recht auf eine saubere und gesunde Umwelt, zu der auch das Klima gehört.» Der Bundesstaat Montana hat eine der fortschrittlichsten Verfassungen der USA, die ein Recht auf eine saubere Umwelt garantiert. Die Jugendlichen klagten gegen eine Revision des Umweltgesetzes von Montana. Die republikanische Regierung hatte eine Revision des Gesetzes durchgebracht, das es staatlichen Behörden untersagte, bei der Genehmigung grosser Energieprojekte Treibhausgasemissionen oder den Klimawandel zu berücksichtigen. Die Richterin befand diese Revision für verfassungswidrig.

Es ist das erste Mal, dass ein US-Gericht entschieden hat, dass eine Regierung die Rechte von Kindern verletzt hat, indem sie den Klimawandel ignorierte. Es gibt 23 Bundesstaaten, die ähnliche Rechte in ihren Verfassungen verankert haben, so dass dieses Urteil den Weg für eine Reihe ähnlicher Anfechtungen auf bundesstaatlicher Ebene ebnen könnte. Das Urteil ist noch nichts rechkräftig, Montana kann dagegen Berufung einlegen. Mehr dazu bei ARD Tagesschau, Washington Post und The Nation.

Weltweit immer mehr Klimaklagen

Weltweit haben die juristischen Verfahren wegen mangelnder Klimaschutzmassnahmen in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Die meisten fanden und finden in den USA statt, etliche aber auch in Deutschland, wie eine Untersuchung des UN-Umweltprogramms Unep im Juli zeigte. 2022 wurden danach fast 2200 Klimaklagen verhandelt. 2017 waren es erst rund 900. Ein Grossteil der Klagen wurde bisher von Gerichten nicht angenommen oder zurückgewiesen, es gab jedoch auch bedeutende Urteile, welche die Klagen guthiessen, etwa in Deutschland und den Niederlanden. Mehr bei Klimareporter.

Brasilien verschärft Klimaziel und weitet Ölproduktion aus

Auch in Brasilien ist die Klimapolitik widersprüchlich. Die brasilianische Regierung hat sich bereit erklärt, die vom ehemaligen Präsidenten Jair Bolsonaro vorgenommene Abschwächung des Klimaziels rückgängig zu machen und an einem neuen, verbesserten Klimaziel zu arbeiten. Gleichzeitig entwickelt sich Brasilien zum weltweit viertgrössten Ölproduzent. Die Ölproduktion des Landes nimmt stetig zu. Das Land verfügt über grosse Reserven und verstärkt die Explorations- und Bohraktivitäten. Mehr dazu bei Oil Price.com.

Ecuadorianer:innen stoppen Ölförderung im Yasuní-Nationalpark

Die Stimmbevölkerung Ecuadors hat in einem historischen Referendum dafür gestimmt, alle neuen Ölbohrungen im Yasuní-Nationalpark im Amazonasgebiet zu stoppen. Die Yasuní-Abstimmung war das Ergebnis von zwei Jahrzehnten Basisarbeit von Aktivist:innen und indigenen Organisationen. Damit bleiben 726 Mio. Barrel Öl im Yasuní-Nationalpark unter der Erde. Der Nationalpark ist eine der artenreichsten Regionen der Erde und Heimat der Tagaeri und Taromenane, zwei der letzten indigenen Gemeinschaften der Welt, die keinen Kontakt zur Aussenwelt haben. Mehr im Guardian, bei Conservation und APNews.

Klimakompensation bleibt in der Kritik

Projekte, die bestehende Wälder schützen (REDD+), generieren im freiwilligen Kohlenstoffmarkt am meisten Zertifikate – bis heute etwa ein Viertel aller Gutschriften. Bei diesen Projekten werden Regierungen, Organisationen, Gemeinden und Einzelpersonen in Waldgebieten (vor allem in den Tropen des globalen Südens) für Aktivitäten bezahlt, die den Wald erhalten und Treibhausgasemissionen des Waldes vermeiden. Doch zahlreiche Studien und Berichte zeigen auf, dass ein Grossteil dieser Projekte dem Klima nur wenig nützt.

Ein Beispiel ist das Tumring-Projekt, das ein Regenwaldgebiet in einem der wichtigsten Biodiversitäts-Hotspots Kambodschas schützen soll. Ein neuer Bericht von Unearthed macht jedoch deutlich, dass in Tumring der Wald in einem viel grösseren Ausmass abgeholzt wird, als es die offiziellen Dokumente zeigen. Der Bericht weist auch auf eine Reihe anderer REDD-Projekte von geringer Qualität hin.

Eine neue Studie in der Fachzeitschrift Science zeigt auf, dass Millionen von Zertifikaten aus solchen Waldprojekten (von Verra, dem weltweit führenden Zertifizierer, genehmigt) weitgehend wertlos sind. Wenn sie für Kompensationen verwendet werden, können sie die globale Erwärmung verschlimmern, weil dadurch die Käufer:innen keine Klimaschutz-Massnahmen tätigen, ihre Klimaziele auf dem Papier aber trotzdem erreichen. Carbon Market Watch hat eine detaillierte Überprüfung der wichtigsten REDD+-Methoden veröffentlicht, die auf dem freiwilligen Kohlenstoffmarkt verwendet werden, und kommt zu einem ähnlichen Ergebnis.

Investoren, die mit Emissionsgutschriften spekulieren, könnten Milliarden verlieren. Denn immer mehr wissenschaftliche Studien zeigen, dass viele der von ihnen gekauften Emissionsgutschriften keinen ökologischen Wert haben und daher nicht weiterverkauft werden.

Trotzdem wird immer noch gross in solche REDD+ Kompensationsprojekte investiert. Blue Carbon, ein in Dubai ansässiges Unternehmen unter dem Vorsitz eines Mitglieds der königlichen Familie der Vereinigten Arabischen Emirate, hat mit Simbabwe eine Absichtserklärung unterzeichnet, um REDD+ CO2-Zertifikate im Wert von 1 Milliarde Pfund auf etwa 20% der Landfläche Simbabwes zu generieren. Das Unternehmen unterzeichnete auch Absichtserklärungen mit Tansania und Sambia. Und in Liberia will Blue Carbon 10% der Landmasse des Landes erwerben und über eine Million Hektar der liberianischen Regenwälder für 30 Jahre verwalten.

Mehr beim Guardian, bei Greenpeace und Climate Change News. Das Oeko Institut hat sechs hilfreiche Factsheets zu verschiedenen Projekttypen im Kohlenstoffmarkt veröffentlicht. Weitere Factsheets werden bis Ende des Jahres 2023 veröffentlicht. Carbon Brief hat Fallbeispiele zusammengestellt, wie sich Kompensationsprojekte auf indigene Völker und lokale Gemeinschaften auswirken. Zu Southpole und REDD+ gibt es ein long read im New Yorker (paywall) und ein Bericht bei Follow the Money.

Europäische Klimapolitik

Hat die Notfallverordnung Erneuerbare Energien vorangetrieben?

Im Zuge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine und der daraus resultierenden fossilen Energiekrise wurde Ende 2022 die EU-Notfallverordnung beschlossen. Zentraler Punkt der Verordnung: Der Ausbau der erneuerbaren Energien soll durch vereinfachte Genehmigungsverfahren deutlich schneller angekurbelt werden.

SolarPower Europe hat nun den Fortschritt für 16 Mitgliedsstaaten ausgewertet. Das Ergebnis ist gemischt. Während Deutschland und Portugal vergleichsweise gut dastehen, gibt es nur sehr geringen Fortschritt in Bulgarien oder in den Niederlanden. Es bleiben weiterhin grosse Hürden, gerade auch mit Blick auf die Umsetzung der vor Kurzem beschlossene Erneuerbaren Richtlinie (RED III).

Lediglich 10 der 27 EU-Mitgliedsstaaten seien beim Windenergieausbau auf einem Niveau, das mit dem Pariser Klimaabkommen kompatibel sei, schreibt die Naturschutzorganisation WWF in einem neuen Bericht. Bis 2030 müssen die Ausbaukapazitäten verdoppelt und der Energieverbrauch reduziert werden, um die Ziele einzuhalten.

Umstrittene Personalie: Hoekstra tritt Nachfolge von Timmermanns an

Bevor im kommenden Juni ein neues Europäisches Parlament gewählt wird und danach eine neue EU-Kommission zusammentritt, gab es Anfang Oktober einen brisanten Wechsel in der obersten Kommissionsriege. Der Christ-Demokrat und ehemalige niederländische Finanz- und Aussenminister Wopke Hoekstra wird Franz Timmermanns in seinem Amt als Klima-Kommissar beerben, bestätigte das Europäische Parlament.

Vorab hagelte es jedoch massive Kritik seitens Klimaschützer. Hoekstra war lange Zeit als Manager im fossilen Konzern Shell tätig und habe sich in der Vergangenheit nie mit Klimathemen befasst. Vor der Abstimmung stellte sich Hoekstra in einer dreistündige Anhörung den kritischen Fragen der EU-Parlamentarier:innen. Als Klima-Kommissar wird er die EU unter anderem bei der kommenden Weltklimakonferenz vertreten. Die noch nicht abgeschlossenen Dossiers des «Green Deals» werden allerdings fortlaufend nicht von Hoekstra, sondern vom slowakischen Kommissar und Vizepräsidenten der Kommission Maroš Šefčovič verhandelt. Siehe ZEIT Online (paywall) und Tagesschau.

Jugendliche ziehen vor Gericht

Sechs junge Portugies:innen ziehen vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) und verklagen insgesamt 32 Regierungen, darunter alle 27 EU-Staaten sowie das UK, Norwegen, die Türkei, Russland und die Schweiz. Hauptanklagepunkt: Das Handeln der Regierungen gegen die Klimakrise sei zu langsam und verletze ihre Menschenrechte. Es handelt sich dabei um den grössten Klimaprozess vor dem EGMR.

Sechs Anwält:innen stehen insgesamt 80 Anwält:innen der angeklagten Staaten gegenüber. CAN Europe beschrieb den Prozess, der Ende September begann, als David gegen Goliath. Ob die Klage Erfolg haben wird, wird sich bei der 2024 erwarteten Urteilsverkündung zeigen. Weitere Informationen bei Euractiv.

Deutschland

Heizungsgesetz beschlossen – Wärmeplanung steht noch aus

Im September haben Bundestag und Bundesrat dem Gebäudeenergiegesetz (GEG), umgangssprachlich Heizungsgesetz, final zugestimmt. Es tritt im Januar 2024 in Kraft. Durch das Gesetz soll das Heizen von Gebäuden langfristig klimaneutral werden. Das ZDF hat hier eine Übersicht erstellt, welche Heizungen in Zukunft noch erlaubt sein werden. Derweilen hat das Öko-Institut im Auftrag des Klimaschutzministeriums ausgerechnet, dass je nach Verhalten der Endverbraucher:innen bis 2030 durch das Gesetz insgesamt weniger als 40 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden. Die jährlichen Emissionen des Sektors betrugen zuletzt 112 Millionen Tonnen CO2. Der Expertenrat für Klimaschutzfragen attestierte, dass das GEG und auch weitere geplante Massnahmen der Bundesregierung nicht ausreichen werden, um die Klimaschutzlücke 2030 – also die Höhe der Zielverfehlung insgesamt – im Sektor zu schliessen.

Da das GEG eng mit dem Wärmeplanungsgesetz (WPG) verzahnt werden soll, greifen viele Vorgaben ohnehin erst ab 2028. Das WPG befindet sich derzeit im parlamentarischen Prozess und soll bis Ende des Jahres in Kraft treten. Weitere Artikel finden Sie beim Bayerischen Rundfunk oder bei der Wirtschaftswoche.

Haushaltsdebatte spitzt sich zu

Traditionell befasst sich der Bundestag in der ersten Sitzungswoche nach der Sommerpause mit dem Bundeshaushalt für das kommende Jahr. In der «Haushaltswoche» wurde Finanzminister Lindners Spar-Entwurf beraten. Der Bundeshaushalt soll auf 25 Einzelpläne aufgeteilt werden, aus denen wiederum wichtige Institutionen oder die Ministerien finanziert werden sollen. Damit will Lindner Budgets kürzen. So sollen etwa die Ausgaben des Ministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz von derzeit 14,5 Mrd. Euro auf weniger als 11 Mrd. Euro gekürzt werden. Kritiker bemängeln den Sparkurs sowie das Ausweichen auf sogenannte Nebenhaushalte. Mehr zur Entwicklung des Bundeshaushaltes bei T-Online.

Der WWF Deutschland kritisiert zudem, dass der Haushaltsentwurf bisher keine sinnvollen Kriterien für öffentliche Investitionen mit Blick auf die Netto-Null-Transformation enthalte. So fordert der Umweltverband, dass erstens der Fokus in der Haushaltsplanung auf Transformation gelegt werden müsse. So seien mindestens 46 Mrd. Euro an öffentlichen Investitionen für die Finanzierung des nationalen Klimaschutzes notwendig. Zweitens sollte der Haushalt die Finanzierungslücke für Klima und Biodiversität schliessen. Drittens sollen umwelt- und klimaschädliche Subventionen des Staates von jährlich 68 Mrd. Euro abgebaut und umgenutzt werden. Zum Vergleich: Der Gesamthaushalt soll sich 2024 auf etwa 445 Mrd. Euro belaufen. Mehr dazu auf der Seite des Bundestages und der Tagesschau.

Ampel auf ambitioniertem Kurs

Eine neue Studie der Bertelsmann Stiftung zeigt, dass die Ampel-Regierung trotz schlechter Umfragewerte und vielen Streitereien bereits etwa zwei Drittel der insgesamt 453 Versprechen des Koalitionsvertrags umgesetzt oder zumindest angegangen hat. Der Koalitionsvertrag enthält gut 50% mehr sogenannter «echter Versprechen» als jener der Vorgängerregierung (Grosse Koalition) und gelte damit als sehr ambitioniert. Im Ressort des Ministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz seien bereits 40% der Versprechen voll erfüllt – lediglich 22% bleiben bisher nicht erfüllt. Damit ist die Bilanz im Vergleich zu anderen Ressorts überdurchschnittlich.

Die sichtbare Klimakrise

Der Amazonas emittiert immer mehr CO2

Der Amazonas hat begonnen, CO2 freizusetzen. Im Jahr 2021 zeigten Luftproben, dass die CO2-Aufnahme des Regenwaldes nachgelassen hat und einige Bereiche zu einer CO2-Quelle geworden sind. Die Kombination aus globaler Erwärmung und drastischer Abholzung könnte den Amazonas schneller austrocknen lassen und zu einer regelrechten Feuerfalle für den Regenwald führen. Feuer kann ein entscheidender Faktor für ein potenzielles Kippen des Amazonas-Regenwaldes sein, da es in der Lage ist, grosse Teile des Amazonas in einem baumlosen Zustand zu halten. Obwohl Feuer in Regenwäldern eigentlich nicht vorkommt, spielt es eine zunehmende Rolle, wenn der Wald beschädigt, ausgedünnt wird oder ganz verloren geht. Mehr bei Nature und beim PIK.

Sommer der Extreme: Ist es zu spät?

Der vergangene Monat war der weltweit wärmste September. Und 2023 ist auf dem besten Weg, das wärmste Jahr seit Messbeginn zu werden, mit einem Anstieg von 1,4 °C gegenüber dem vorindustriellen Niveau. In vielen Ländern war der Sommer von Hitze, Feuern und Überschwemmungen geprägt. Wie sind diese Extremwetterereignisse einzuordnen? Ist bereits einen Kipppunkt überschritten? Der Guardian hat dazu 45 namhafte Wissenschaftler:innen befragt.

Sie erklären, dass die bisher beobachtete globale Erwärmung völlig im Einklang mit den wissenschaftlichen Vorhersagen der letzten drei Jahrzehnte stehe, auch wenn es nun den Anschein habe, dass die Ereignisse eine beängstigende Wendung genommen hätten. Die Forschenden betonen, dass die Welt noch keinen «Kipppunkt» zu einem unkontrollierbaren Klimawandel überschritten habe. Einige warnen jedoch davor, dass dieser Punkt immer näher rücke.

Die Wissenschaftler:innen betonen auch, dass die Wetterextreme der letzten Monate nur die «Spitze des Eisbergs» seien. In nur einem Jahrzehnt könnte 2023 mit den aussergewöhnlichen Ereignissen ein normales Jahr sein, wenn keine drastischen Klimaschutzmassnahmen ergriffen werden.

Hier ein paar Zitate der angefragten Fachleute:

Prof. Julie Arblaster von der Monash University, Australien: «Die Schwankungen von Jahr zu Jahr, die auf die natürliche Variabilität zurückzuführen sind, bedeuten, dass die globalen Temperaturen wie eine Treppe und nicht wie eine gerade Linie ansteigen, und wir sehen in diesem Jahr einen grossen Sprung nach oben-»

Dr. Friederike Otto vom Imperial College London, Grossbritannien: «Das Wetter ändert sich wie von den Wissenschaftlern erwartet und vorhergesagt, aber unsere Gesellschaften und Ökosysteme sind anfälliger für selbst kleine Veränderungen als bisher angenommen, und die Schäden sind daher grösser.»

Prof. Malte Meinshausen von der University of Melbourne, Australien: «Die Prognosen der Klimawissenschaft sind über die letzten Jahrzehnte hinweg ziemlich robust. Leider hat sich die Hartnäckigkeit der Menschheit, immer grössere Mengen an Treibhausgasen auszustossen, ebenfalls als ziemlich robust erwiesen. Wenn wir die globale Erwärmung nicht bald stoppen, werden die Extremereignisse, die wir in diesem Jahr erleben, gegenüber denen, die noch kommen werden, verblassen.»

Die überwältigende Mehrheit der Forschenden wies auf eine entscheidende Massnahme hin: fossile Brennstoffe auf Null zu reduzieren. Mehr beim Guardian.

Neues aus der Klimawissenschaft

UNICEF-Bericht warnt: Kinder auf der Flucht

Ein Bericht des UNO-Kinderhilfswerks Unicef zeigt, dass zwischen 2016 und 2021 über 43 Millionen Kinder in 44 Ländern durch vom Klimawandel ausgelösten Wetterereignissen fliehen mussten. 95% der Vertreibungen wurden durch Überschwemmungen und Stürme verursacht. Dies entspricht etwa 20’000 Kindern, die jeden Tag vertrieben werden. Dabei handele es sich nur «um die Spitze des Eisbergs», da wahrscheinlich noch viel mehr Kinder betroffen seien. Die Anzahl der durch Dürre vetriebenen Kinder sei «deutlich zu niedrig erfasst», da diese Vertreibungen weniger plötzlich auftreten und daher schwieriger zu erfassen seien. Die Länder, wo am meisten Kinder vertrieben werden, sind China, Indien und die Philippinen. Mehr in der TAZ.

Städte wachsen in Überschwemmungsgebieten am schnellsten

In vielen Ländern wachsen Dörfer und Städte in Gebieten mit hohem Überschwemmungsrisiko am schnellsten. Das ist ein besorgniserregender Trend, zumal der Klimawandel Überschwemmungskatastrophen weltweit verschärft. Ostasien hat mit über 18% den höchsten Anteil an Siedlungen in überschwemmungsgefährdeten Gebieten. Die Entwicklung in Überschwemmungsgebieten wird hauptsächlich durch die Knappheit an Land in sichereren Gebieten vorangetrieben. Mehr bei Nature.

Aktualisierter Bericht der IEA zum 1,5 Grad-Ziel

Die Internationale Energieagentur (IEA) hat ihre aktualisierte Version des 1,5ºC Szenarios veröffentlicht. Sie berücksichtigt den wirtschaftlichen Aufschwung nach der COVID-19-Pandemie, das «aussergewöhnliche Wachstum» erneuerbarer Energietechnologien, erhöhte Investitionen in fossile Brennstoffe und «hartnäckig hohe Emissionen».

Die IEA fordert mindestens eine Verdreifachung der Gesamtkapazität an erneuerbaren Energien auf 1,5 TW oder mehr bis 2030 und bekräftigt ihren Aufruf an wohlhabende Länder, die Energiewende schneller voranzutreiben. «Im aktualisierten Netto-Null-Szenario führt ein enormer, von der Politik gesteuerter Ausbau der erneuerbaren Energien dazu, dass die Nachfrage nach fossilen Brennstoffen bis 2030 um 25% sinkt und die Emissionen um 35% im Vergleich zum Höchststand von 2022 zurückgehen», schreibt die IEA.

Da die Nachfrage nach fossilen Brennstoffen bis 2050 um 80% sinke, würden «keine neuen Öl- und Gasprojekte mit langer Vorlaufzeit benötigt, ebenso wenig wie neue Kohlebergwerke, Erweiterungen von Bergwerken oder neue Kohlekraftwerke mit unverminderter Leistung.» Das Szenario zeigt auch einen starken Anstieg von Elektrofahrzeugen und Wärmepumpen. Es soll aber auch weiterhin in einige Öl- und Gasprojekte investiert werden, um Preisspitzen oder Versorgungsengpässe zu vermeiden.

Die IEA warnt davor, dass Länder, die die Energiewende bis 2030 nicht beschleunigen, sich zu sehr auf Technologien zur CO2-Entfernung verlassen, die teuer und nicht im grossen Massstab erprobt seien. «Um das Ziel, die globale Erwärmung auf 1,5° C zu begrenzen, am Leben zu erhalten, muss sich die Welt schnell zusammenfinden», so Fatih Birol, der Chef der IEA. «Eine starke internationale Zusammenarbeit ist für den Erfolg entscheidend. Die Regierungen müssen angesichts des Ausmasses der Herausforderung das Klima von der Geopolitik trennen.» Mehr bei der IEA und Energymix.

Sechs von neun planetaren Grenzen sind überschritten

Die Widerstandsfähigkeit unseres Planeten schwindet: Sechs von neun Grenzen der planetaren Belastbarkeit sind überschritten. Das sind zwei mehr als noch 2015, wie eine neue Studie in Science zeigt. Überschritten sind die planetaren Grenzen bei der globalen Erwärmung, der Biosphäre, der Entwaldung, den Stickstoffkreisläufen, den Schadstoffen und beim Süsswasser. Der Druck auf diese Erdsysteme und Kreisläufe wächst immer mehr. «Die Erde ist ein Patient, dem es nicht gut geht», wird Co-Autor Johan Rockström, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), in einer Mitteilung des Instituts zitiert. «Wir wissen nicht, wie lange wir entscheidende Grenzen derart überschreiten können, bevor die Auswirkungen zu unumkehrbaren Veränderungen und Schäden führen.» Mehr bei scinexx, Stockholmresilience.org und Watson.

Azote für das Stockholm Resilience Centre, basierend auf einer Analyse in Richardson et al 2023.

Danke und Herzliche Grüsse von Anja und Thomas!

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