Klima-Zeitung Februar 2023

Ein zwei-monatlicher Newsletter für Menschen, die sich zum Klimawandel informieren möchten. Zusammengestellt von Anja Kollmuss, Thomas Schenk und Sebastian Breer. Hier gehts zur PDF-Ausgabe
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Inhaltverzeichnis

Schweiz

Internationale Klimapolitik

Europäische Klimapolitik

Deutschland

Die sichtbare Klimakrise

Schweiz

Am 18. Juni wird über das Klimaschutzgesetz abgestimmt

Die SVP hat Anfang Januar 2023 das Referendum gegen das Klimaschutzgesetz mit den erforderlichen Unterschriften eingereicht. Das Gesetz ist der indirekte Gegenvorschlag zur Gletscherinitiative, die der Verein Klimaschutz Schweiz lanciert hatte. Mit dem Gesetz soll das Netto-Null-Ziel bis 2050 verankert werden. Es sieht unter anderem 2 Milliarden Franken für den Ersatz fossiler Heizungen und 1,2 Milliarden für die Förderung neuer Technologien vor. Laut der NZZ (paywall) unterstützt der Hauseigentümerverband das Referendum, obwohl dessen Mitglieder von der vorgesehenen Unterstützung bei Heizungssanierungen profitieren würden. Die Initiant:innen kritisierten das Referendum als unnötige Verzögerung. Am 18. Juni soll über das Gesetz abgestimmt werden. Mehr dazu bei watson.ch und im Blick.

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Schweizer Klimapolitik schont die Bauern

Die Landwirtschaft verursacht 15% des CO2-Ausstosses der Schweiz, wobei das klimaschädliche Methan besonders ins Gewicht fällt. Dennoch sind für die Landwirtschaft bis heute keine Reduktionsziele gesetzlich verankert. Ständerät:innen von der SP und den Grünen wollten dies ändern, aber ihre Forderung, die Emissionen bis 2030 um 20% und bis 2040 um 30% zu senken, wurde im Dezember 2022 von der Mehrheit des Ständerats abgelehnt. Auch die zuständige Nationalratskommission will keine Klimaziele verankern. Mehr dazu im Schweizer Bauer und in der NZZ (paywall).

Hingegen sollen die Bauern künftig finanziell unterstützt werden, wenn sie vom Klimawandel betroffen sind. Der Ständerat hat entschieden, dass der Bund in Zukunft die Prämien von Versicherungen gegen Ernteausfälle mitfinanzieren soll. Konkret soll der Bund bis zu 30% der Prämien übernehmen. Kritik an der Regelung äussert Kilian Baumann, Bauer und Nationalrat der Grünen, in der NZZ am Sonntag (paywall). Er verlangt, dass die Bauern ihre Produktion an die neuen klimatischen Bedingungen anpassen.

Um angesichts von Klimawandel und Artensterben die Ernährungssicherheit der Schweiz zu erhalten, verlangen 40 Wissenschaftler:innen eine CO2-Abgabe auf Lebensmittel, Zölle für tierische Produkte sowie ein Verbot von Fleischaktionen. Darüber hinaus listet der Bericht des Sustainable Development Solutions Network Switzerland weitere Massnahmen auf, um die Landwirtschaft ökologischer zu gestalten: von Aus- und Weiterbildungsprogrammen über Förderprogramme für die Umstellung von Landwirtschaftsbetrieben bis zur Finanzierung von technologischer Innovation. Mehr dazu im Tages-Anzeiger.

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Unterstützung für Lenkungsabgaben

Lenkungsabgaben sind in der Schweizer Bevölkerung breit akzeptiert, wie eine vom Forschungsinstitut gfs-zürich im Auftrag des Wirtschaftsverbands swisscleantech durchgeführte Befragung zeigt. 47% der Befragten ist der Ansicht, dass in der Klimapolitik Lenkungsabgaben im Vordergrund stehen sollten. Die Zustimmung für Subventionen beträgt nur 38%. Dennoch verzichtet der Bundesrat im neuen Vorschlag zum revidierten CO2-Gesetz auf eine Erhöhung der CO2-Abgabe.

Rösti als neuer Energie- und Umweltminister

Albert Rösti, der im Dezember als Nachfolger von Simonetta Sommaruga gewählte Bundesrat, hat per Anfang 2023 das Departement für Umwelt, Verkehr und Kommunikation übernommen. Bis zu seiner Wahl hat sich Rösti als Lobbyist für die Erdöl- und Autobranche engagiert (Präsident des Verbands der Brennstoffhändler Swissoil und der Importeursvereinigung Auto Schweiz sowie Beirat des Nutzfahrzeugverbands Astag). Umweltschutzverbände warnen im Tages-Anzeiger (paywall) vor Rückschritten in der Energie- und Umweltpolitik. Als Bundesrat könne Rösti etwa auf die Umsetzung der vom Parlament beschlossenen Gesetzgebung Einfluss nehmen. Auf heidi.news (paywall) äussern sich auch Schweizer Klimawissenschaftler:innen kritisch; sie befürchten, die Interessen der Erdölbranche würden nun stärker berücksichtigt. Die Schweizerische Energiestiftung lancierte gemäss der NZZ (paywall) einen Spendenaufruf, um Rösti künftig ganz genau auf die Finger schauen zu können.

Bei seinem Auftritt am Stromkongress Mitte Januar äusserte sich Rösti erstmals seit seiner Wahl zu Klimazielen und Energieversorgung. Um das Netto-null-Ziel bis 2050 zu erreichen, brauche es mehr Strom. Dieser solle im Zusammenspiel von Solar- und Wasserkraft entstehen, ergänzt mit Wärme aus dem Boden und Biomasse. Auch forderte er zusätzliche Speicherkraftwerke, um Strom vom Sommer in den Winter verlagern zu können. Bei Solar- und Wasserkraftwerken von nationalem Interesse müsse die Versorgungssicherheit über den Landschaftsschutz gestellt werden. Auch zur Kernkraft äusserte er sich. Die verbliebenen Anlagen sollten wegen teurer Nachrüstungsinvestitionen nicht «unnötig früh» abgeschaltet werden. Derzeit prüft das Bundesamt für Energie, ob staatliche Subventionen möglich sind. Mehr dazu hier und hier (paywall) im Tages-Anzeiger sowie in der NZZ (paywall).

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Gas- und Stromversorgung: Neue Reserven und alte Fragen

In der EU werden derzeit unter Hochdruck Flüssiggas-Terminals gebaut, um die Gasversorgung nach dem Wegfall der Lieferungen aus Russland zu sichern. Nun gibt es auch in der Schweiz entsprechende Pläne. Bereits in diesem Jahr will der Gasverbund Mittelland einen kleinen Container-Flüssiggas-Terminal errichten, auf dem Gebiet der Baselbieter Gemeinde Muttenz. Es wäre landesweit die erste solche Anlage. Sie könnte den Bedarf der Schweiz während sechs Tage im Winter decken. Das verflüssigte Gas soll in Containern mit der Bahn, Lastwagen und Schiffen in die Schweiz gelangen. Mehr dazu in der Sonntagszeitung (paywall).

Dank den ungewöhnlich milden Temperaturen und zum Teil ausgiebigen Niederschlägen waren die Schweizer Stauseen bis Mitte Januar noch zu drei Viertel gefüllt, schreibt der Tages-Anzeiger. Und auch die Gasspeicher verfügen noch über ausreichend Reserven. Entsprechend entspannt ist die Lage am Strommarkt. Dennoch hält der Bund am Plan fest, Reserve­kraft­werke in Betrieb zu nehmen. Der Bau der Gasturbinen in Birr geht weiter.Das Kraftwerk soll ab März 2023 bis im Winter 2025/26 betrieben werden können. Dagegen haben mehrere Anwohner:innen Einsprachen eingereicht; diese haben allerdings keine aufschiebende Wirkung und können die Inbetriebnahme nicht verhindern. Mehr dazu im Tages-Anzeiger (paywall) und in der NZZ am Sonntag (paywall).

Im Dezember hat der Bund weitere Verträge über den Betrieb von Reservekraftwerken abgeschlossen. Zum einen mit der Groupe E für ein thermisches Kraftwerk in Cornaux (NE), das mit Erdgas und Heizöl betrieben werden kann; mit einer Leistung von 36 Megawatt ist es deutlich kleiner als jenes in Birr (250 MW). Zum andern mit der Axpo, CKW und BKW für ein virtuelles Reservekraftwerk aus Notstromaggregaten. Diese sollen von ihren Besitzer:innen freiwillig gegen eine Entschädigung zur Verfügung gestellt werden. Anmelden kann sich, wer über ein Notstromaggregat mit mindestens 750 kW Leistung verfügt.

Die verschiedenen Massnahmen, um Stromreserven für den Winter zu schaffen, werden den Bund von 2023 bis 2026 rund 2 Milliarden Franken kosten. Die Winterreserveverordnung, die dies regelt, tritt Mitte Februar 2023 in Kraft.

Der Schlüssel, um die Stromversorgung in der Schweiz zu sichern, ist ein Stromabkommen mit der EU. Zu diesem Schluss kommt der Bericht «System Adequacy» des Bundesamts für Energie. Ohne Kooperation mit Europa bestehe für die Schweiz das Risiko, «dass es ab 2030 bei einzelnen Wetterkonstellationen zu Versorgungsengpässen kommen kann.» Allerdings ist ein solches Abkommen mit der EU nicht in Sicht, nachdem die Schweiz die Verhandlungen mit der EU abgebrochen hat. Die Studie verdeutlicht auch die Bedeutung der Wasserkraft, die dank ihrer Flexibilität Energie optimal in das System einspeisen kann. Mehr dazu bei der Energiestiftung und in der NZZ (paywall).

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Viele offene Fragen zur Solaroffensive

Es ist weiterhin unklar, wie rasch mit der in der Herbstsession 2022 vom Parlament verabschiedeten «Solaroffensive» grosse PV-Anlagen im Alpenraum realisiert werden. Die Strombranche übt Kritik an der geplanten Umsetzung des dringlichen Bundesgesetzes zum Ausbau der Solarenergie, wie die NZZ (paywall) schreibt. Zu reden gibt unter anderem, wie die im Gesetz festgelegte Produktionskapazität von 2 Terawattstunden (rund 3% der Schweizer Stromproduktion) zugeteilt werden soll. Offen ist auch, ob Anlagen, die bei Erreichen dieser Grenze noch im Bau sind, weiter von Subventionen profitieren können.

Zudem zeigt sich, dass die Bevölkerung Anlagen für erneuerbare Energien in unberührten Alpenlandschaften kritisch beurteilt. Dies zeigt eine repräsentative Umfrage des WSL (Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft) vom Oktober 2022. Auf einer Skala von -1 (volle Ablehnung) bis 1 (volle Zustimmung) resultierte für solche Anlagen ein Wert von -0,89. Die Ablehnung ist noch stärker als 2018 (-0,83), als die gleiche Befragung durchgeführt wurde. Daraus schliessen die Forschenden, dass weder der Ukrainekrieg noch die Diskussion um die Versorgungssicherheit etwas an der Präferenz für intakte alpine Landschaften geändert hat. Mehr dazu im Tages-Anzeiger.

Kritisch beurteilt auch die Schweizerische Vereinigung für Solarenergie (SSES) den forcierten Ausbau von PV-Anlagen in den Alpen. Der Ausbau dürfe nicht auf Kosten der Umwelt oder der Landschaft gehen. Mit Blick auf die Versorgungssicherheit sei es «zielführender, die Anlagen im Flachland beschleunigt zuzubauen». Doch auch hier müsste das Tempo höher sein. Weshalb die Entwicklung gebremst wird, ist in der Architekturzeitschrift Hochparterre nachzulesen. Eine Schlüsselrolle kommt Architekt:innen zu: Sie tun sich noch immer schwer mit PV-Anlagen auf Dächern und Fassaden.

Der Energiekonzern BKW will bis 2025 zehn alpine Solaranlagen bauen und so mehr Winterstrom produzieren. Derzeit läuft die Prüfung geeigneter Standorte. Zusammen könnten die Anlagen rund 100’000 Haushalte versorgen, schreibt die Berner Zeitung (paywall). Ein Projekt wurde im Januar bereits vorgestellt: Belpmoos Solar. Auf dem Flughafen Bern-Belp soll ein Solarpark entstehen, der Strom für 15’000 Haushalte liefert. Die vorgesehene Fläche von 25 Hektaren (35 Fussballfelder) gehört zum eingezäunten Areal des Flughafens und wird als Graspiste und landwirtschaftlich genutzt. Wie die Wochenzeitung berichtet, handelt es sich bei der betroffenen Wiese allerdings um ein Biotop von regionaler Bedeutung. Und gemäss der Umweltschutzorganisation Pro Natura erfüllt die Wiese die Kriterien, um ins Bundesinventar der Trockenwiesen und -weiden von nationaler Bedeutung aufgenommen zu werden. Nach dem aktuellen Stand der Diskussion um den Mantelerlass zum Energiegesetz sind in einem solchen Schutzgebiet keine Energieanlagen zulässig. Mehr dazu auf srf.ch und dem Tages-Anzeiger.

Im Kanton Bern soll auch der Bau schwimmender PV-Anlagen geprüft werden. Das Kantonsparlament hat den Regierungsrat verpflichtet, eine Machbarkeitsstudie zu erstellen. Mehr dazu im Bund.

Beim Bau von Solaranlagen entlang der Autobahnen, die das Parlament letzten Herbst beschleunigt hat, ist die erste Runde der Bewerbungsverfahren abgeschlossen. 350 Lärmschutzwände und 100 Rastplätze sollen genutzt werden, womit der jährliche Strombedarf von rund 12’000 Haushalten abgedeckt werden kann. Über 300 Anfragen von 35 Unternehmen und interessierten Personen sind eingegangen schreibt der Tages-Anzeiger.

Nach dem Ständerat verlangt auch eine Mehrheit der Umwelt- und Energiekommission des Nationalrats eine Solarpflicht für Neubauten und bei erheblichen Umbauten. Bis 2032 soll die Pflicht auch für bestehende Gebäude ab einer Fläche von 300 mgelten, wobei Wohngebäude ausgenommen wären. Ab 2035 sollen Eigentümer:innen zudem verpflichtet werden, auf Abstellflächen ab einer Fläche von 21 Autos Solarpanels zu installieren, berichtet die NZZ (paywall).

Ob sich der Bau einer Solaranlage für Hausbesitzer:innen lohnt, hängt in der Schweiz primär von der Vergütung des Solarstroms durch das Elektrizitätswerk ab. Die Unterschiede zwischen den Gemeinden sind erheblich, wie eine Studie der ETH Zürich und der Universität Bern zeigt. Über 2000 Schweizer Städte und Gemeinden wurden untersucht. Das Ergebnis: Nur für die Hälfte der Besitzer:innen eines Einfamilienhauses lohnt es sich, eine Solaranlage zu installieren. Die Autor:innen verlangen, dass die Vergütungen schweizweit harmonisiert werden, um so den Ausbau der Solarenergie zu fördern. Mehr dazu im Baublatt und in der NZZ (paywall).

Die Nationalratskommission will auch den Bau von Solaranlagen auf freien Flächen in der Landwirtschaftszone erleichtern, schreibt der Tages-Anzeiger (paywall). Sogenannte Agri-PV-Anlagen sollen auch dann erlaubt sein, wenn dadurch die landwirtschaftlichen Interessen «geringfügig» beeinträchtigt werden. Der Bundesrat verlangt, dass sich die Anlagen positiv auf die Ernte auswirken, etwa durch verbesserten Schutz vor Unwetter.

Bereits heute gibt es Engpässe in der Stromverteilung. Damit diesen Winter genügend Übertragungskapazität besteht, hatte der Bundesrat im Herbst 2022 beschlossen, dass die Spannung der Stromleitungen zwischen Bickigen (BE) und Chippis (VS) sowie zwischen Bassecourt (JU) und Mühleberg (BE) bei Bedarf von 220’000 auf 380’000 Volt erhöht werden kann. In den betroffenen Gemeinden regt sich nun Kritik, schreibt die NZZ am Sonntag (paywall). Noch grösser ist der Widerstand gegen die Pläne, die Übertragungskapazität flächendeckend auf 380 kV zu erhöhen. Von zwölf Projekten sind derzeit sieben aufgrund von Einsprachen und Beschwerden blockiert. Nun fordern Energiepolitiker:innen, dass die Verfahren beim Netzausbau beschleunigt und Einsprachemög­lichkeiten eingeschränkt werden.

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Kritik am Ausbau der Wasserkraft

Die am runden Tisch zur Wasserkraft erzielte Einigung zwischen Energiebranchen und einigen Umweltverbänden sorgt weiter für Diskussionen. Ende 2021 waren 15 Projekte vorgestellt worden, bei welchen die Eingriffe in die Artenvielfalt und Landschaft pro Kilowatt gespeicherte Energie am geringsten wären. Wie der Beobachter schreibt, prüft der Bund zusätzlich 17 Grossanlagen zum Ausbau der Wasserkraft. Das Bundesamt für Energie (BFE) hatte sich während Monaten dagegen gewehrt, entsprechende Dokumente offenzulegen. Auf infosperber.ch kritisiert Bernhard Wehrli, Professor für aquatische Chemie, das Verfahren. Er hat die nun veröffentlichten Dokumente des BFE ausgewertet. Sein Fazit: Am runden Tisch seien «fundamentale Fehler» gemacht und Entscheide gefällt worden, die auf einer unpräzisen, oberflächlichen Analyse beruhten. Aus den Dokumenten geht hervor, dass neue Stauseen, Erhöhungen von Staumauern und diverse neue Flusskraftwerke evaluiert werden, im Wallis und im Bündnerland, zudem in den Kantonen Bern und Freiburg. Diese Projekte sollen zum Zug kommen, falls ein Teil der favorisierten 15 Projekte nicht realisiert werden könne.

Das Trift-Projekt, das auf der Liste der favorisierten Anlagen aufgeführt ist, bleibt im Fokus. Die Geografin und Botaniker Mary Leibundgut zeigt in einem Bericht auf, dass es sich beim 500 Fussballfelder grossen Gletschervorfeld im Gadmertal um ein ökologisch und landschaftlich wertvolles Auengebiet handelt. Im Tages-Anzeiger (paywall) fordert sie, dass es der Bund ins nationale Aueninventar aufnehmen und entsprechend schützen müsse. Der neue Chef der BKW hält hingegen am Projekt fest und will den Bau der Staumauer beschleunigen, sagte er der Berner Zeitung.

Auch die bestehenden Stauseen beschäftigen Fachleute. Der Grund ist die Verlandung: Die Bäche, welche das Wasser zuführen, bringen auch Sand und Kies mit, die sich ablagern. Laut einer in «Sustainability» erschienen Studie haben die europäischen Speicherseen bereits knapp ein Fünftel an Volumen durch Ablagerungen verloren. In der Schweiz betragen die Verluste sogar einen Viertel. Mehr dazu im Tages-Anzeiger.

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Mehr Schub für die Windenergie?

Die Umweltkommission des Nationalrats will den Ausbau der Windenergie vorantreiben – analog zur Solaroffensive, die das Parlament im Herbst 2022 verabschiedete. Für Windanlagen, die im nationalen Interesse sind und deren Planung bereits fortgeschritten ist, sollen künftig die Kantone die Baubewilligung erteilen und nicht mehr wie heute die Standortgemeinden. Und Entscheide könnten nur noch dann ans Bundesgericht weitergezogen werden, wenn sich eine Rechtsfrage von «grundsätzlicher Bedeutung» stellt. Dieses beschleunigte Verfahren würde gelten, bis zusätzliche Windenergie von 1 Terawattstunde (TWh) jährlich am Netz ist (derzeit produzieren Windanlagen in der Schweiz 0,15 TWh). Bereits in der Frühjahrssession soll der Vorstoss von beiden Räten verabschiedet werden. Der Wirtschaftsverband swisscleantech begrüsst diesen Entscheid. Alain Griffel, Professor für Staats- und Verwaltungsrecht an der Universität Zürich, hält diesen indessen für verfassungswidrig, da er die Autonomie der Kantone einschränke. Mehr dazu im Tages-Anzeiger und in der NZZ (paywall).

Die GLP macht sich für einen raschen Ausbau der Windenergie stark, wie ein im Januar publiziertes Positionspapier zur Windkraft zeigt. Um die Akzeptanz der Anlagen zu verbessern, schlägt sie vor, Bürger:innen an den Windanlagen zu beteiligen. Unabhängig von solchen Modellen: Im Kanton Zürich befürwortet eine Mehrheit den Ausbau der Windenergie. In einer repräsentativen Umfrage der NZZ (paywall) und des Forschungsinstituts GfS Bern sind zwei Drittel der Befragten mit den Plänen der Kantonsregierung einverstanden, die Windkraft deutlich auszubauen. Sowohl die städtische wie die ländliche Bevölkerung sind gegenüber der Technik positiv eingestellt. Das gleiche Resultat zeigt auch eine Umfrage des Tages-Anzeigers (paywall).

Der Stromkonzern Axpo, der sich bisher vor allem an Anlagen im Ausland beteiligt hat, will nun auch in der Schweiz Windanlagen bauen. Gemäss der NZZ am Sonntag (paywall) arbeitet das Tochterunternehmen CKW an sechs Projekten in der Zentralschweiz. Im Aargau seien 20 Turbinen geplant. An beiden Standorten werden derzeit die Windverhältnisse analysiert.

Weshalb die Schweiz, trotz grossem Potenzial am Jurakamm, auf den grossen Alpenpässe und in einigen Alpentälern, bei der Windkraft gegenüber Nachbarländern im Rückstand ist, analysiert die NZZ (paywall). Hauptgrund seien die Einsprachen, welche Projekte um Jahre verzögerten. So dauerte es bei der Windanlage in Sainte-Croix im Waadtländer Jura 23 Jahre von der ersten Machbarkeitsstudie bis zur Bewilligung des Baugesuchs vor Bundesgericht im November 2022. Die lange Verfahrensdauer macht Projekte für Investoren unattraktiv. Zudem sind viele der Anlagen bis zur möglichen Realisierung bereits veraltet und damit weniger leistungsfähig.

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2022 war das wärmste Jahr seit Messbeginn

Die Schweiz blickt auf das deutlich wärmste Jahr seit Messbeginn 1864 zurück. Die landesweite Jahrestemperatur betrug 7,4 °C, hat MeteoSchweiz ermittelt. Gegenüber dem Durchschnitt der Jahre 1991 bis 2020 war es 1,6 °C wärmer, gegenüber den Temperaturen zwischen 1960 und 1980 sogar um 3 °C. Die sieben wärmsten Jahre seit Messbeginn wurden alle nach 2010 registriert. Das letzte Jahr war auch überdurchschnittlich sonnig: Drei der vier Messstandorte mit über 120-jährigen Datenreihen − Genf, Basel und Zürich − registrierten das sonnigste Jahr seit Messbeginn. Im Frühling und Sommer fiel zudem in der ganzen Schweiz zu wenig Niederschlag, auf der Alpensüdseite war es in allen vier Jahreszeiten zu trocken.

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Das heisse Klima verändert die Insektenfauna

Insekten in der Schweiz reagieren unterschiedlich auf den Klimawandel. In den letzten 40 Jahren verloren spezialisierte, kälteliebende Arten aus den Voralpen und Alpen an Boden. Hingegen konnten wärmeliebende Arten aus dem Tiefland ihre Verbreitungsgebiete erhalten oder ausweiten, das zeigt eine in «Nature Communications» veröffentlichte Studie. Die Forscher:innen warnen davor, dass durch den Klimawandel seltene Arten noch seltener werden und bereits verbreitete Arten weiter zunehmen. Die Studie wertete 1,5 Millionen Meldungen aus, die insektenkundige Laien und Fachleute seit 1980 zum Vorkommen von Tagfaltern, Heuschrecken und Libellen schweizweit erhoben haben. Wenn zum Klimawandel gleichzeitig das Land intensiver genützt werde – etwa bei zunehmender Trockenheit und stärkerer Bewirtschaftung von Grünland -, so könne sich dies besonders negativ auf Insekten auszuwirken. Mehr dazu bei Agroscope.

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Die Nationalbank soll Verantwortung für Klimaschutz übernehmen

Der Aufruf der Klima-Allianz, Aktien der Schweizerischen Nationalbank zu kaufen, hat Wirkung gezeigt. Wie das Online-Magazin Watson berichtet, haben 170 Mitglieder des Bündnisses Aktien im Wert von insgesamt 800’000 Franken erworben. Damit sind sie berechtigt, Anträge an der Generalversammlung der SNB einzureichen. Von diesem Recht machen sie Gebrauch: An der GV von Ende April verlangt die Klima-Allianz, dass die SNB einen Transitionsplan aufstellt. Damit soll das Devisenportfolio in Einklang mit den Zielen des Pariser Klimaabkommens und des Übereinkommens über die biologische Vielfalt gebracht werden. Auch eine Erhöhung des Eigenkapitals wird gefordert, um die Risiken der Investitionen in Öl-, Gas- und Kohleunternehmen abzudecken.

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Wie viel soll die Schweiz an die Klimakrise in den ärmsten Staaten zahlen?

Ab 2020 müssten die Industriestaaten den Entwicklungs- und Schwellenländern jährlich 100 Milliarden Dollar für den Kampf gegen die Klimakrise zur Verfügung stellen. Das hatte die Weltgemeinschaft 2010 beschlossen, wobei es sich um neue, zusätzliche Gelder handeln muss. Der Bundesrat will, dass die Schweiz 450 bis 600 Millionen Dollar zum globalen Finanzierungsziel beitragen soll. Für die in der Alliance Sud zusammengeschlossenen NGOs ist dieser Betrag deutlich zu gering. Unter Berücksichtigung der im Ausland anfallenden Emissionen der Schweiz liege der faire Beitrag der Schweiz bei 1 Milliarde Dollar. Weiter kritisieren die NGOs, dass der Bund Gelder aus dem bestehenden Budget der internationalen Zusammenarbeit für die Klimafinanzierung anrechnet. Zudem stelle die Schweiz einen Grossteil der Mittel nicht über den vorgesehenen Klimafonds zur Verfügung, sondern über die Weltbank und andere Entwicklungsbanken.

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Klimalabor der Republik: Klimajournalismus neu erfinden

Das Onlinemagazin Republik will zusammen mit ihren Leser:innen herausfinden, wie Journalismus seiner Rolle in der Klimakrise besser gerecht werden kann. Dazu wurde im Januar das Klimalabor lanciert. Bis im Sommer soll im Austausch mit möglichst unterschiedlichen Menschen ein Format entwickelt werden, das mehr Menschen erreicht als bisher, das trotz düsterer Aussichten nach vorn blickt und nützlich ist. Im Interview bei persoenlich.com erklärt Initiant Elia Blülle Ziele und Hintergrund des Labors.

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Klimarelevante Entscheide von Bund und Kantonen

Mit der im Januar publizierten «Wärmestrategie 2050» zeigt das Bundesamt für Energie auf, wie die Wärmeversorgung der Schweiz bis 2050 CO2-neutral werden kann. Heute macht der Wärmebereich rund die Hälfte des Energieverbrauchs der Schweiz aus, und er verursacht mehr als einen Drittel der CO2-Emissionen. Um das Klimaziel zu erreichen, braucht es neben der Umstellung von fossilen auf erneuerbare Energieträger auch einen Senkung des Verbrauchs. Bis 2050 soll dieser 30% tiefer liegen als im Jahr 2020.

Der Regierungsrat des Kantons Wallis will, dass der Kanton ab 2040 netto keine Treibhausgase mehr ausstösst. Um die erforderlichen Massnahmen zu finanzieren, sind im kantonalen Klimagesetz jährliche Investitionen von 70 Millionen Franken vorgesehen, zudem soll ein Klimafonds geschaffen werden. Der Vorschlag des Regierungsrats geht nun ans Kantonsparlament. Mehr zu auf srf.ch.

Der Zürcher Kantonsrat will die ZKB zu mehr Klimaschutz verpflichten. Die Kantonalbank soll ihr Handeln künftig auf Treibhausgasneutralität ausrichten und energetische Gebäudesanierungen unterstützen. Der definitive Entscheid darüber fällt der Kantonsrat Ende Februar. Mehr dazu in der Aargauer Zeitung.

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Internationale Klimapolitik

Öl-Chef wird Präsident der nächsten Klimaverhandlungen

Die nächste internationale Klimakonferenz (COP 28) wird im November 2023 in Dubai stattfinden. Die Vereinigten Arabischen Emirate werden die Präsidentschaft innehaben. Die Rolle der Präsidentschaft ist wichtig, denn im Vorfeld der Verhandlungen werden viele bilaterale Verhandlungen geführt. Die Präsidentschaft prägt die Auswahl und Gewichtung der Themen der Konferenz. Nun haben die Emirate mit Sultan Al-Jaber eine umstrittene Person als Präsidenten ernannt. Al-Jaber leitet die staatliche Abu Dhabi National Oil Company, das zwölftgrösste Erdölunternehmen der Welt. Seit über einem Jahrzehnt ist er eine Schlüsselfigur in der nationalen Klima- und Energiepolitik. Al Jaber setzt sich zwar auch für erneuerbare Energien ein, sagte aber Ende 2021 noch: «Erneuerbare Energien sind das am schnellsten wachsende Segment des Energiemixes, aber Öl und Gas sind nach wie vor die wichtigsten Energieträger und werden es auch in den nächsten Jahrzehnten bleiben. Die Zukunft ist sauber, aber sie ist noch nicht da. Wir müssen mit Pragmatismus Fortschritte machen.» Bereits an der letzten COP in Ägypten hat die Lobby der fossilen Industrie grossen Einfluss auf die Verhandlungen gehabt. Mehr dazu bei Climate News.

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Ein Drittel der Erde soll unter Schutz gestellt werden

An der 15. UNO-Artenschutzkonferenz wurde im Dezember Grosses beschlossen: Bis 2030 sollen fast 30% der Erde unter Schutz gestellt werden. Zum Vergleich: In der Schweiz stehen derzeit je nach zählweise nur 6-14 Prozent der Fläche unter Schutz.

Der Kongo und ein paar andere afrikanische Staaten hatten sich gegen das Abkommen gestellt. Sie forderten einen neuen Fonds und mehr finanzielle Unterstützung für den Artenschutz. Trotz der Opposition erklärte der chinesische Konferenzpräsident das neue Abkommen (ohne neuen Fonds) für angenommen.

Das Abkommen verpflichtet Regierungen, bis 2030 fast ein Drittel der Erde für die Natur zu erhalten, neue Schutzgebiete zu schaffen und dabei indigene und traditionelle Territorien zu respektieren. Studien haben gezeigt, dass indigene Völker die besten Biodiversitätshüter:innen sind. Sie stellen 5% der Weltbevölkerung dar, schützen aber 80% der biologischen Vielfalt der Erde. Das Abkommen unterstreicht die Bedeutung eines wirksamen Naturschutzmanagements. So lässt sich sicherstellen, dass Feuchtgebiete, Regenwälder, Grasland und Korallenriffe nicht nur auf dem Papier, sondern auch tatsächlich geschützt werden.

Jedes Jahr geben Länder mindestens 1,8 Billionen Dollar für staatliche Subventionen aus, die das Artensterben und die Klimakrise beschleunigen. Die Regierungen haben sich im neuen Abkommen darauf geeinigt, dass solche Subventionen abgebaut werden müssen. Zudem stimmten sie einer abgeschwächten Formulierung zu, die sicherstellen soll, dass grosse und internationale Unternehmen «ihre Risiken, Abhängigkeiten und Auswirkungen auf die biologische Vielfalt» offenlegen.

Übrigens ist die USA, neben dem Vatikan, die einzige Nation, die nicht Mitglied des Artenschutzabkommens ist. Bill Clinton hatte das Abkommen zwar 1993 unterzeichnet, aber der Senat ratifizierte es nie. Mehr über das Abkommen im Guardian hier und hier und im Klimareporter. Das Abkommen findet sich hier.

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CO2-Zertifikate meist wertlos

Eine ganze Serie von Artikeln in verschiedenen Zeitungen beleuchtet den CO2-Markt und zeigt auf, dass die Treibhausgas Reduktionen bei Waldprojekten oft um ein Vielfaches aufgeblasen werden, um möglichst viele Zertifikate verkaufen zu können. In der Kritik stehen dabei nicht nur Firmen wie die Schweizer South Pole, die solche Zertifikate verkaufen, sondern auch die Organisation Verra, welche die Regeln für Klimaprojekte für den Freiwilligenmarkt festlegt. Drei Viertel aller Zertifikate, die auf den Freiwilligenmarkt kommen, werden von Verra ausgestellt. Die Organisation hat die Aufsicht über verschiedenste Projekttypen, von Solaranlagen bis Energieeffizienzmassnahmen. 40% der Zertifikate stammen von Projekten, die bestehende Wälder schützen wollen.

Ein weltweites Forschungsteam hat 29 der 87 Waldschutzprojekte untersucht, die aktuell von Verra zertifiziert sind. Die Auswertung legt nahe, dass über 90% aller Zertifikate daraus wertlos sind. Es wurden 89 Millionen Zertifikate an Unternehmen wie Shell, Gucci, Disney und Boeing verkauft, die so ihre Klimabilanz aufpolieren konnten, ohne dass Emissionen tatsächlich vermieden wurden. Da nur ein Drittel der von Verra zertifizierten Projekte untersucht wurde, dürfte das wahre Ausmass der fürs Klima wertlosen Zertifikate noch deutlich höher liegen. Mehr im Guardian hier und hier und der Zeit (paywall).

Es wird viel Geld gemacht mit solchen Zertifikaten. Shell soll 450 Millionen USD für solche Zertifikate ausgegeben haben. Die Financial Times (paywall) zeigt, wie der Verkäufer South Pole Qualitätsprobleme nach wie vor vertuscht, und schätzt den Wert der Firma South Pole auf eine Milliarde USD.

Ein internationales Forschungsteam der Carbon Credit Quality Initiative zeigt auf, dass nicht nur die Zertifikate von Waldprojekten problematisch sind, sondern dass zahlreiche Projekttypen Zertifikate generieren, die nicht die Emissionsreduktionen erzielt haben, die sie ausweisen.

Eine Recherche der Zeit zeigt zudem auf, wie einfach es für eine Firma ist, sich bei der Schweizer Organisation myclimate als klimaneutral zertifizieren zu lassen. Es ist zwar nicht billig, doch die Zertifikate machen dabei nur den kleinsten Teil der Kosten für eine solche Zertifizierung aus. Der grösste Teil nimmt myclimate für – im beschriebenen Fall rudimentäre – Beratungsdienste ein.

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Klima-Ungerechtigkeit innerhalb der Länder riesig

Der Unterschied zwischen den CO2-Emissionen der Reichen und der Armen innerhalb der Länder ist inzwischen grösser als die Emissionsunterschiede zwischen den Ländern, wie eine neue Studie zeigt.

Der Grossteil der globalen Klimapolitik konzentriert sich auf den Unterschied zwischen Industrie- und Entwicklungsländern und ihre aktuelle und historische Verantwortung für die Treibhausgasemissionen. Immer mehr Arbeiten deuten jedoch darauf hin, dass die Emissionen einer «Verschmutzungselite» die der Armen bei weitem überwiegt.

Die Autoren schlagen vor, Steuern auf Gewinnüberschüsse zu erheben, um Klimaschutz zu finanzieren. Zudem sollte eine progressive Besteuerung in Ländern eingeführt werden, die reiche Bürger und Unternehmen zu niedrig besteuern, auch in Entwicklungsländern.

Der Bericht betont zudem, dass es für die Ärmsten der Welt genügend Spielraum gäbe, ihre Treibhausgasemissionen zu erhöhen, um ihre Armut zu überwinden, wenn reiche Menschen weltweit ihre Emissionen reduzierten. Mehr im Guardian und im Climate Inequality Report 2023.

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Wälder speichern jährlich 2 Milliarden Tonnen CO2 – bei weitem nicht genug

Ein neuer Bericht zeigt, dass Wälder weltweit etwa zwei Milliarden Tonnen CO2 aus der Atmosphäre entfernen. Trotz steigender Investitionen in neue CSS-Technologien wie die «direkte Luftabscheidung» speichern diese nur gerade 0.01% so viel. Um die Pariser Klimaziele zu erreichen, genügt die Leistung der Wälder aber selbst dann nicht, wenn die Länder ihre Reduktionsziele einhalten. Laut der Studie müssten es bis 2030 jährlich 3 Milliarden und bis 2050 fast 5 Milliarden Tonnen sein. Mehr bei Nature und Reuters.

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Erneuerbare Energien werden Kohle 2025 überholen

Die Strommenge aus erneuerbaren Energien wird sich bis 2027 weltweit verdoppeln. In den nächsten fünf Jahren wird so viel zusätzlicher Strom aus erneuerbaren Energien produziert wie in den vergangenen zwei Jahrzehnten zusammen, so die Internationale Energieagentur (IEA) in ihrem neuen Bericht. Die letztjährige Prognose für das Wachstum der erneuerbaren Energien wurde vom IEA um 30% nach oben korrigiert, nachdem einige der weltweit grössten Emittenten wie die EU, die USA und China neue Massnahmen eingeführt haben.

Gemäss dem Bericht werden erneuerbare Energien bis Anfang 2025 die Kohle als grösste Stromerzeugungsquelle ablösen. Das sei zu einem grossen Teil auf die globale Energiekrise im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine zurückzuführen. Die neuen Kapazitäten für fossile Energie, die gebaut wurden, um russisches Gas zu ersetzen, werden sich wohl nur kurzfristig auswirken, heisst es im Bericht. Mehr dazu bei Carbon Brief und der NY Times (paywall).

Die IEA berichtet zudem in einer weiteren Analyse, dass Wärmepumpen bis 2030 ein Fünftel des weltweiten Heizbedarfs decken werden, wenn die Länder ihre Pläne umsetzen. Wärmepumpen werden sich als «die zentrale Technologie für den globalen Übergang zu einer sicheren und nachhaltigen Heizung» entwickeln. Mehr dazu bei Carbon Brief.

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Banken investieren trotz Netto-null-Versprechen in fossile Energie

Banken und Finanzinstitute, die Netto-Null-Verpflichtungen unterschrieben haben, investieren immer noch in grossem Umfang in fossile Energie. Die Initiative Glasgow Financial Alliance for Net Zero (GFANZ) wurde 2021 als eine der wichtigsten Erfolge am UN-Klimagipfels Cop 26 in Glasgow gefeiert. 450 Organisationen in 45 Ländern mit einem Vermögen von mehr als 130 Mrd. Dollar sind der GFANZ-Initiative beigetreten und haben sich ein Netto-Null Ziel gesetzt. Nun zeigt eine Analyse von Reclaim Finance, dass viele dieser Banken seither Hunderte von Milliarden in fossile Energieträger investiert haben. Mindestens 56 der grössten Banken in der Net-Zero Banking Alliance Grouping (NZBA) haben zahlreiche fossile Unternehmen mit Darlehen und Übernahmevereinbarungen im Wert von 270 Milliarden Dollar unterstützt. Mehr im Guardian.

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Exxon wusste alles

Bereits 1977 warnte ein Klimawissenschaftler, der für Exxon arbeitete, den Vorstand des Öl-Konzerns, dass die Verbrennung fossiler Brennstoffe das globale Klima beeinflusse. Ein Jahr später wies er darauf hin, dass eine Verdopplung des atmosphärischen CO2-Gehalts die globale Durchschnittstemperatur um zwei bis drei Grad erhöhen werde. Exxon reagierte mit einer grossen Desinformationskampagne. Die Wissenschaftshistorikerin Naomi Oreskes untersuchte die Klimawandel-Kommunikation von Exxon zwischen 1977 und 2014. Sie kommt zum Ergebnis, dass 81% der von Exxon Mobil bezahlten Advertorials – redaktionell aufgemachte Anzeigen in Zeitungen – Zweifel an der Existenz des Klimawandels und der Rolle von fossilen Brennstoffen säten.

Eine neue Studie hat die internen Prognosen des Ölkonzerns zwischen 1977 und 2003 systematisch ausgewertet. Sie zeigt, dass die wissenschaftlichen Voraussagen äusserst genau waren, in einigen Fällen sogar genauer als die damaligen staatlichen Studien. Selbst das verbleibende globale CO2-Budget, um die Erwärmung unter zwei Grad zu halten, wurde von Exxon-Mobil-Wissenschaftler:innen realistisch eingeschätzt. Gerade in diesem Punkt widersprachen die öffentlichen Erklärungen des Unternehmens klar den eigenen wissenschaftlichen Daten.

Die Autor:innen hoffen, mit ihren Erkenntnissen den laufenden und kommenden juristischen und politischen Prozessen gegen Exxon Mobil zusätzliches Gewicht zu verleihen. Mehr bei KlimareporterInside Climate NewsGuardian und der NY Times (paywall).

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Europäische Klimapolitik

Reform des
EU Emissionshandels

Wenige Tage vor Weihnachten einigten sich die EU-Mitgliedsstaaten sowie das Europäische Parlament auf einen Kompromiss zur Reformierung des europäischen Emissionshandelssystems (ETS).

Dabei sind folgende zentrale Inhalte reformiert worden: Erstens wurde das Reduktionsziel in den ETS-Sektoren (Stromsektor und energieintensive Industrie) von 43 Prozent auf 62 Prozent bis 2030 angehoben. Zweitens werden kostenlose Emissionszertifikate ab 2026 schrittweise bis 2034 abgeschafft. Drittens wird 2027 ein neuer und separater Emissionshandel für Emissionen aus dem Gebäude- und Strassenverkehrssektor eingeführt. Auf nationaler Ebene gibt es bisher schon vielzählige Mechanismen, die in den beiden Sektoren zu Emissionsminderungen führen sollen, etwa eine CO2-Steuer in Schweden oder einen Emissionshandel in Deutschland. Umweltverbände (etwa hier und hier) sehen zwar Fortschritt, kritisieren die Einigungen dennoch als nicht weitreichend genug. So seien die Zielvorgaben nicht hoch genug und das Ende der kostenlosen Zuteilung gehe nicht schnell genug.

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Einführung des Klima-Sozialfond

Im Zuge der Schaffung eines neuen europäischen ETS für den Gebäude- und Verkehrssektor wurde gleichzeitig die Einführung des „Klima-Sozialfond“ (KSF) beschlossen, um vulnerable Bürger:innen bei steigenden Kosten unterstützen zu können. Der Fond wird bis 2026 eingerichtet und soll vorerst maximal 65 Milliarden Euro betragen. Die Gelder sollen einerseits teilweise direkt an die betroffenen Bürger:innen ausgezahlt werden. Andererseits können die Mitgliedsstaaten durch Gelder des Fonds etwa die Anschaffung klimafreundlicher Heizsysteme wie Wärmepumpen oder Sanierungsmassnahmen ermöglichen. Dabei sollen sie einer Kofinanzierung in Höhe von 25 Prozent obliegen. Mehr zum Beschluss zur Einführung des KSF hier sowie in dieser Infografik.

20 Milliarden für EU-Energiewende
Unterhändler der 27 EU-Mitgliedsstaaten einigten sich vorläufig auf einen Beschluss zum REPowerEU Programm. Dieses wurde im Mai 2022 vorgestellt als Reaktion auf den Krieg in der Ukraine und soll die Abhängigkeiten von russischen Energieimporten beenden. REPowerEU dient folgenden Zielen: Senkung des Energieverbrauchs, Erzeugung sauberer Energie sowie Diversifizierung der europäischen Energieversorgung. Die drei Ziele sollen durch die Umsetzung einer Vielzahl von Einzelmassnahmen erreicht werden.

Die Minister der Mitgliedsstaaten einigten sich im Dezember darauf, dass zur Umsetzung dieser Massnahmen zusätzliche 20 Mrd. Euro zur Verfügung gestellt werden sollen. Diese stammen zum Teil aus dem Coronahilfsfonds sowie aus den Einnahmen des Erlöses von Emissionszertifikaten aus der Reserve des ETS. Mehr dazu bei der NZZ und bei der EU.

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Geld soll Bauern zu
Klimaschützern machen

Die Europäische Kommission hat am 30. November 2022 einen Vorschlag für ein Zertifizierungskonzept zur Entnahme von CO2 aus der Luft vorgestellt, um das «Net Zero» Ziel bis 2050 zu erreichen. Es handelt sich hierbei um einen Zertifizierungsrahmen für zunächst freiwillige Initiativen. So auch in der Land- und Forstwirtschaft. Dadurch können neue Geschäftsmodelle für Landwirt:innen entstehen, wenn sie etwa CO2 in ihren Böden speichern. Durch die Initiative wird ein erstes Regelwerk zur Entnahme von CO2 geschaffen. Umweltorganisationen warnen jedoch vor Missbrauch und vor einem Abbremsen der tatsächlichen Emissionsreduktion. Noch im ersten Quartal 2023 soll eine Expertengruppe zusammentreten, um weitere Konzepte zur CO2-Entnahme zu entwickeln.

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Schaffung eines CO2-Grenzausgleichssystems

Ein grösster Kritikpunkt an der Wirksamkeit des ETS war es seit jeher, dass die Industrie kostenlose Zuteilungen erhalten haben. Dies sind im Grunde genommen gratis Verschmutzungsrechte, für die die Industrien nicht zahlen müssen. Hauptargument dabei: Man wolle die europäische Industrie vor Wettbewerbsnachteilen auf internationalen Märkten schützen und dadurch Abwanderungen in das nicht-europäische Ausland verhindern. Dadurch sollte zudem eine Verlagerung der Emissionsentstehung vermieden werden. Allerdings wirkte diese Massnahme den Klimaschutzanstrengungen gewissermassen entgegen.

Damit die gratis Zuteilungen bis 2034 gänzlich abgeschafft werden können, ohne Wettbewerbsnachteile zu kreieren, soll daher ab 2026 schrittweise ein sogenannter CO2-Grenzausgleichsmechanismus (kurz: CBAM) für die betreffenden Sektoren eingeführt. Die EU-Institutionen einigten sich hierfür auf einen vorläufigen Kompromiss. Bei der Einfuhr bestimmter emissionsintensiver Waren, wie Düngemittel oder Stahl, aus Drittländern wird eine Abgabe, sozusagen ein CO2-Preis, auferlegt. Die Höhe der Abgaben richtet sich nach dem aktuellen ETS-Preis. Je mehr Emissionen die Produktion der Waren im Ausland verursachten, desto teurer wird der Import. So soll eine Verlagerung von klimaschädlichen Emissionen in Drittstaaten verhindert und auch ausserhalb der EU weitere Anreize zur Emissionsreduktion geschaffen werden. Mehr Infos bei Klimareporter, der EU und bei SRF.

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UK bewilligt neue Kohleminen, Norwegen bremst Erdölsuche

Während im Herbst 2021 auf der COP 26 in Glasgow von Seiten der britischen Regierung für ein globalen Kohleausstieg geworben wurde, hat die neue britische Regierung unter Premier Rishi Sunak das erste Mal seit mehr als drei Jahrzehnten ein neues Kohlekraftwerk bewilligt, das in der Region Cumbria entstehen soll. Nur 15 Prozent der geförderten Kohle soll in den UK genutzt, 85 Prozent exportiert werden. Von Klimaschützern wird die britische Regierung stark kritisiert. Mehr dazu hier und hier.

Während im UK neue fossile Energie gefördert werden soll, gibt es auf der anderen Seite der Nordsee einen Gegentrend. Die norwegische Regierung hat die Suche nach neuen Erdöl- und Erdgasfeldern in der Barentssee durch die staatlich kontrollierte Energiegesellschaft Equinor zunächst um drei Jahre aufgeschoben. Umweltschützer bejubeln, dass die sogenannte «climate bomb» zunächst entschärft wurde. Die heimische Industrie hingegen sieht mit der Trendwende triste Zeiten auf sich zukommen. Mehr dazu hier.

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Belgien und die Niederlande halten an Kernkraft fest

Im Zuge der Energiekrise ist die Debatte um den Atomausstieg in mehreren Ländern wieder voll entbrannt. Die Regierung in Brüssel verlängert die Laufzeiten zweier AKWs bis 2035, während der umstrittene Meiler Tihange 2 nahe der deutschen Grenze vom Netz gehen soll.

In den Niederlanden sollen bis 2035 sogar zwei neue Meiler gebaut werden. Danach sollen die beiden Kraftwerke 15 Prozent der niederländischen Stromnachfrage decken. Aktuell ist in den Niederlanden nur noch ein AKW am Netz, das 1973 erbaut wurde. Mit diesen Plänen will die Regierung ihre Atomflotte erneuern. Mehr dazu hier.

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Extinktion Rebellion stoppt öffentliche Störungen

Die Aktivisten der Bewegung Extinction Rebellion in Grossbritannien wollen sich vorerst nicht mehr aus Protest gegen mangelnden Klimaschutz an Kunstwerken festkleben und Strassen blockieren. Das verkündete die Gruppe Anfang Jahres in ihrer Mitteilung „Wir hören auf“.

In den vergangenen Monaten hatten Klimaaktivistinnen und -aktivisten in mehreren Ländern immer wieder Kunstwerken mit Tomatensuppe und Kartoffelbrei beschmiert, Gebäude blockiert und sich auf Strassen festgeklebt. Befürworter sprechen von einer Schocktaktik, um das Bewusstsein für die Klimakatastrophe zu schärfen.

Extinction Rebellion erklärte, dass die in der Bevölkerung umstrittenen Störaktionen zwar wichtig gewesen seien, um aufzurütteln und systematisches Politikversagen im Angesicht der Klimakrise anzuprangern. Allerdings müssten „Taktiken laufend weiterentwickelt werden“. Fortan wolle man deshalb verstärkt Druck auf verantwortliche Politikerinnen und Politiker machen, indem die breite Masse der Gesellschaft für Formen des kollektiven Protests mobilisiert wird. „Das Zusammenwirken verschiedener Krisen bietet eine einmalige Gelegenheit, um zu mobilisieren und traditionelle Gräben zu überwinden“, heisst es in der Stellungnahme. Mehr dazu in der TAZNZZ (paywall) und im Guardian.

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Deutschland

„Wir entlasten Deutschland“: Einführung der Strom- und Gaspreisbremse

Deutschland war eines der Länder in Europa, die vor dem Ukrainekrieg am meisten von fossilen russischen Energieimporten wie Kohle, Öl und Erdgas abhängig waren. Nicht nur der Ersatz fossiler Energieträger aus Russland, sondern auch den explosionsartig gestiegenen Kosten bei Erdgas und Strom galt es entgegenzuwirken. Zahlreiche Massnahmen wurden im Laufe des vergangenen Jahres eingeführt, um Bürger:innen und Industrie zu entlasten: Spritpreisbremse, Energiekostenzuschüsse, Heizkostenzuschuss – um nur einige zu nennen. Wenige Tage vor Weihnachten beschloss der Bundestag nach langen Debatten die sogenannten Preisbremsen bei Strom- und Erdgas.

Für Bürger:innen, KMUs sowie Vereine wird der Gaspreis auf 12 Cent, der Preis für Fernwärme auf 9,5 Cent und der Strompreis auf 40 Cent die Kilowattstunde gedeckelt. Das gilt für 80 Prozent des Verbrauchs. Die übrigen 20 Prozent werden zu marktüblichen Preisen bezahlt. So soll den Verbraucher:innen eine gewisse Preisstabilität zugesichert werden, während weiterhin ein Anreiz zum Sparen gesetzt wird. Die Umsetzung erfolgt automatisch über den Energieversorger. Mehr Infos hier. Die Regelungen für die Industrie und grössere Unternehmen weichen ab. Mehr dazu hier.

Kritiker:innen werfen der Bundesregierung vor, weiter mit dem Giesskannenprinzip Gelder zu verteilen. Es werde nicht darauf geschaut, welche Einkommensgruppen entlastet werden. So profitieren auch Spitzenverdiener:innen, während der Spareffekt bei Geringverdienenden ohnehin eher gering ausfallen dürfte. Darüber hinaus handle es sich um eine Subvention, die klimaschädliches Verhalten belohne. Langfristig helfe nur der Ausbau der Erneuerbaren Energien wie Wind und Sonne, um sich aus den Abhängigkeiten von fossilen Energien befreien zu können. Mehr dazu hier.

Währenddessen wurde auch auf EU-Ebene nach monatelangem Ringen eine Einigung zur Einführung eines Gaspreisdeckels beschlossen. Mehr Informationen etwa hier. Seitens deutscher Industrieverbände gab es deutliche Kritik am Beschluss.

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Deutschlands erste Flüssiggasterminals

Im Frühsommer 2022 wurde das LNG-Beschleunigungsgesetz vom deutschen Bundestag beschlossen. Damit Deutschland schleunigst die fehlenden Erdgasimporte aus Russland ausgleichen kann, sollen an Nord- und Ostsee LNG-Terminals entstehen. Dafür wurden Zulassungs- und Vergabeverfahren beschleunigt. Auch Umweltschutz- und Beteiligungsstandards wurden aufgeweicht. Die ersten Terminals sind seit Dezember 2022 in Betrieb: in Wilhelmshaven, Lubmin und Brunsbüttel. Weitere Terminals sollen folgen. Kritische Stimmen werfen der Bundesregierung vor, Umweltschutzstandards zu missachten, Überkapazitäten zu schaffen, sowie sich in neue fossile Abhängigkeiten über die nächsten zwei Jahrzehnten zu begeben. Umweltverbände haben Klage eingereicht. Die fatale Klimawirkung von Flüssiggas, bei dem es sich etwa um Fracking-Gas aus den USA handelt, wird stark kritisiert. LNG ist in etwa so klimaschädlich wir Steinkohle. Während Öl und Gas aus Russland sanktioniert wird, kann russisches LNG weiterhin in die EU importiert werden. Mit einem Anteil von 16 Prozent an den Importen zwischen Januar und November vergangenen Jahres liegt Russland nach den USA mit einem Anteil von 44 Prozent auf Platz 2. Mehr dazu hier.

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Lützerath: ein guter Deal für den Klimaschutz?

Mitte Januar gingen Bilder um die Welt, wie Klimaaktivistin Greta Thunberg von der deutschen Polizei abgeführt wurde. Die Augen der Weltpresse blickten auf das kleine Dorf Lützerath nahe des Tagebaus Garzweiler in Nordrhein-Westfalen und die massiven Proteste gegen den dortigen Kohleabbau.

Deutschland will 2038 aus der Kohle aussteigen. Zu spät, so Klimaschützer:innen und Teile der Politik. Deswegen handelten im Oktober 2022 die Bundes- sowie NRW-Landesregierung mit dem Energiekonzern RWE einen Deal aus. Ergebnis: Im Rheinischen Revier, eins der drei verbliebenen grossen Kohlereviere in Deutschland, wird der Kohleausstieg schon 2030 vollzogen. Acht Jahre früher als geplant. Die Bundesregierung feierte diesen Beschluss als einen „Meilenstein für den Klimaschutz“. 280 Millionen Tonnen klimaschädliche Emissionen würden eingespart, Dörfer vor dem Abriss verschont sowie die Energieversorgung gesichert werden. Das Dorf Lützerath hingegeben wurde vom Deal nicht verschont und wird abgebaggert, sodass die Kohle unterhalb des Dorfes genutzt werden kann. Die Klimabewegung rund um Fridays for Future, der Initiative „Alle Dörfer bleiben“ sowie verschiedenen Umweltorganisationen protestierten dennoch gegen diesen Beschluss. Das deutsche Klimaziel und letztlich das 1,5°C-Limit sei so in Gefahr. Wirtschaftliche Faktoren, etwa steigende Preise fossiler Importe oder steigende Preise im ETS würden ohnehin einen marktgetriebenen Kohleausstieg um das Jahr 2030 wahrscheinlich machen. Die Studienlage untermauern diese Argumente.

Obwohl das Dorf bereits verlassen war, gingen 35.000 Demonstrant:innen am 14. Januar für den Erhalt von Lützerath auf die Strasse. Der Abriss des Dorfes ging in den Tagen vor der Demonstration los und wurde bereits einige Tage später abgeschlossen. Mehr zur Geschichte des Dorfes hier. Mehr zu dem angesprochenen RWE-Deal und die Kritik von einer Reihe von Umwelt-NGOs hier und hier. Wenige Tage nach der Räumung ist bekannt geworden, dass der Energiekonzern RWE mit einer Reserve von 50 Millionen Tonnen Kohle plant, die nach 2030 noch verfeuert werden könnten. RWE ist der grösste CO2-Emittent Europas.

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Die sichtbare Klimakrise

Die letzten acht Jahre waren die wärmsten seit Messbeginn

Die Abweichung der Temperatur 2022 im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 1981-2010 (© Copernicus)

Die acht wärmsten Jahre seit Beginn der Aufzeichnungen wurden alle seit 2014 verzeichnet, wie die europäische Klimaagentur Copernicus aufzeigt. 2022 war das fünfheisseste Jahr, wobei die Temperatur um 1,2 °C über dem Durchschnitt der Jahre 1850 bis 1900 lag. Besonders heiss war es in Europa, wo das zweitwärmste Jahr seit Messbeginn registriert wurde. Die ungewöhnliche Wärme im Frühling und Sommer zusammen mit geringen Niederschlägen führte vor allem im südlichen und mittleren Europa zu Dürre. Auch in der Arktis, der Antarktis und in den Tropen wurden ungewöhnlich hohe Temperaturen gemessen.

Die Ozeane haben sich 2022 ebenfalls stark aufgeheizt: Forscher:innen massen die höchsten Temperaturen in der Geschichte. Für die Studie wurde der Wärmegehalt der oberen 2000 Meter ermittelt; hier findet der grösste Teil der Erwärmung statt. Gesamthaft werden 90% der globalen Erwärmung von Ozeanen absorbiert. Die Wasserschichtung und der Energie- und Wasserkreislauf der Erde seien tiefgreifend verändert worden, erklären die Autor:innen der Studie. Dies habe bereits zu gravierenden Veränderungen im Klimasystem der Erde geführt. Mehr dazu im Guardian und Insight Climate News.

Eine Studie des britischen Wetterdienstes zeigt auf, dass der Klimawandel die Rekordhitze, welche Grossbritannien im Sommer 2022 im Griff hatte, 160 Mal wahrscheinlicher gemacht hat. Ohne die globale Erwärmung wären Temperaturen über den gemessenen 40 Grad, nur einmal in fünf Jahrhunderten zu erwarten, schreibt der Guardian.

Die Hitzerekorde in 2022 gab es trotz La Niña – einem natürlichen Klimaphänomen, das kühlend auf das Weltklima wirkt. Im laufenden Jahr rechnen Forscher:innen damit, dass sich durch El Niño, die warme Phase, die extremen Wetterbedingungen rund um den Globus verschärfen werden. Es sei wahrscheinlich, dass die globale Erwärmung 1,5 Grad überschreiten werde. Mehr dazu hier und hier im Guardian.

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Gletscher schmelzen schneller

Bis im Jahr 2100 werden in Mitteleuropa die Gletscher fast vollständig abgeschmolzen sein. Zu diesem Schluss kommt eine in Science veröffentlichte Studie, unter der Annahme, dass die Staaten ihre derzeitigen Klimazielen einhalten und die globale Durchschnittstemperatur in der Folge um 2,7 °C steigt. Selbst wenn es gelingt, die Klimaerwärmung auf 1,5 °C zu begrenzen, schmelzen laut der Studie 60% der mitteleuropäischen Gletscher. Mit einem ambitionierten Klimaschutz bleiben in polaren Regionen bis 2100 drei Viertel der Gletschermasse erhalten. Für die Untersuchung wertete das Forschungsteam Daten aller 215’000 Gletscher weltweit aus. Mehr im Tages-Anzeiger und bei Carbon Brief.

In Grönland schmelzen die Gletscher 100 Mal schneller als bisher berechnet. Für die in Geophysical Research Letters publizierte Studie wurde ein Modell verwendet, das die einzigartige Wechselwirkung zwischen Eis und Wasser in den Fjorden der Insel berücksichtigt.

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Das Risiko steigt, dass Klima-Kipppunkte bald erreicht werden

Die OECD warnt in ihrem Bericht «Climate Tipping Points» davor, dass das Erreichen wichtiger Klima-Kipppunkte bereits bei der derzeitigen Erwärmung möglich wird. Innerhalb der Pariser Klimaziele von 1,5 bis 2°C Erwärmung ist es wahrscheinlich, dass Kipppunkte erreicht würden. Dies kann zu irreversiblen und schwerwiegenden Veränderungen im Klimasystem führen. Im Vordergrund stehen dabei der Kollaps der Eisschilde in der Westantarktis und Grönland sowie das abrupte Auftauen der Permafrostböden in der Arktis, was zu einem zusätzlichen Anstieg des Meeresspiegels und der Freisetzung von Treibhausgasen führen würde. Die Autor:innen des Bericht kritisieren, dass Kipppunkte in der heutigen Klimapolitik vernachlässigt würden.

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Warum es sich lohnt, sich fürs Klima einzusetzen

In der Republik erklärt Rebecca Solnit, weshalb wir kein Recht haben, vor der Klimakrise zu kapitulieren. Die Autorin, Historikerin und Co-Gründerin des Klima-Bildungs­projekts Not Too Late weist darauf hin, dass es sich Menschen, die gegen Flut und Feuer kämpfen, nicht leisten könnten, die Hoffnung zu verlieren. Der Text erschien im Oktober 2022 bei The New Statesman unter dem «Why Climate Despair Is a Luxury».

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